Bundesliga-Interview: Die letzten Rheinland-Pfälzer

Arno Michels aus Trier ist seit 2009 Co-Trainer beim Bundesligisten 1. FSV Mainz 05 — nach dem Abstieg von Kaiserslautern dem einzigen rheinland-pfälzischen Vertreter in Liga eins. Am letzten Augustwochenende erst beginnt die Jubiläumssaison in deutschlands höchster Fußball-Spielklasse. Die Bundesliga startet dann in ihre 50. Runde.

 Nicht nur helfende Hand: Thomas Tuchel vertraut auf seinen Co-Trainer bei Mainz 05, den Trierer Arno Michels (rechts). Foto: Stefan F. Sämmer

Nicht nur helfende Hand: Thomas Tuchel vertraut auf seinen Co-Trainer bei Mainz 05, den Trierer Arno Michels (rechts). Foto: Stefan F. Sämmer

Der Trierer Arno Michels hat als Fußballer und Trainer schon viele Stationen hinter sich gebracht. Seit der Saison 2009/10 steht der 44-jährige zweifache Familienvater als Co-Trainer von Thomas Tuchel beim einzigen rheinland-pfälzischen Bundesligisten, dem 1. FSV Mainz 05, unter Vertrag. Als Assistent hatte Michels auch schon mit Paul Linz bei der Trierer Eintracht und in Ahlen gearbeitet. Neben einigen anderen Stationen war er als Cheftrainer in Morbach und beim rheinland-pfälzischen Fußballverband tätig. Im Anstoß spricht Michels über das "Modell Mainz 05", über die vergangene und kommende Saison und seine eigene Zukunft.
Herr Michels, Sie sind der Co-Trainer in der Bundesliga, der bei Fernsehübertragungen am seltensten zu sehen ist. Ist das nur eine verzerrte Wahrnehmung, oder entspricht sie den Tatsachen?
Arno Michels: Teils, teils. In meiner ersten Saison in Mainz war ich tatsächlich sehr oft in der ersten Halbzeit gar nicht auf der Bank, sondern auf der Tribüne an der Seite unseres Videoteams. Ich habe sie bei den Aufnahmen unterstützt, die wir oft noch in der Pause genutzt haben, um uns taktisch zu verändern. Inzwischen ist das aber nur noch selten der Fall. Richtig ist aber dennoch, dass ich seltener zu sehen bin, weil Thomas der impulsivere von uns beiden und daher zwangsläufig häufiger im Bild ist.
Sind die unterschiedlichen Temperamente die Voraussetzung für ein harmonierendes Trainerteam?
Michels: Das kann, muss aber nicht sein. Thomas und ich mussten uns ja nicht erst in Mainz aneinander gewöhnen. Wir haben zusammen die Trainerlizenz erworben und uns dabei kennen und schätzen gelernt. Das war ja auch der Grund, weshalb er mich gefragt hat, ob ich nach Mainz kommen will.
Haben Sie die Entscheidung, den erst kurz zuvor beim Verband angetretenen sicheren Job wieder abzugeben und gegen den Schleudersitz zu tauschen, jemals bereut?
Michels: Nein, in keiner einzigen Minute!
Ihr Vertrag läuft noch bis 2013. Ist dann Schluss?
Michels: Wir sind derzeit in sehr guten Gesprächen, meinen Vertrag dem von Thomas anzugleichen. Wenn alles klappt, wird erst mal bis 2015 verlängert.
Der Mainzer "Hurra-Saison" 2009/10 mit Platz fünf am Ende folgte eine, bei der Sie mehr nach unten schauen mussten. Was waren die Gründe?
Michels: Da gibt es gleich ein ganzes Paket. Zunächst einmal die personellen. Mit André Schürrle, Lewis Holtby und Christian Fuchs haben uns drei Leistungsträger, die Nationalspieler sind, verlassen. Dann kamen noch die Verletzungen der Schlüsselspieler Adam Szalai und Marcel Risse dazu. Wer kann schon ein Stammspieler-Quintett dieser Qualität ersetzen?
Sie sprachen von einem Paket….
Michels: Ja. Eine große Rolle hat auch der Stadionwechsel gespielt. Es hat eine Zeit gedauert, bis wir uns in der Coface Arena so wohl gefühlt haben, wie am Bruchweg. Und wir hätten zu Hause stabil sein müssen, da die sensationelle Auswärtsbilanz des Vorjahres mit Platz drei bei dem personellen Umbruch nicht zu wiederholen war und uns auch niemand mehr auf die leichte Schulter genommen hat. Schließlich sind gerade zu Beginn der Saison auch ein paar Spiele unglücklich gelaufen. Du machst vorne eine hundertprozentige Chance nicht weg, kassierst im Gegenzug ein Tor. Solche Dinge entwickeln eine Eigendynamik. Das dauert, bis du den Trend stoppen kannst. Für uns war die Rückkehr von Mohamed Zidan enorm wichtig.
Auch wenn es in diesem Jahr nicht die große Relevanz hat - wie findet der FSV denn die für ihn interessanten Spieler?
Michels: Wir haben in Mainz nicht den klassischen Scouter-Pool, den es bei vielen anderen Vereinen gibt. Aber wir haben einen guten Trainerstab, der sich möglichst viele Spiele und Spieler anschaut, die von Interesse sind. Dazu kommt ein Netzwerk vertrauenswürdiger und fähiger Beobachter, die nicht in Mainz zu Hause sind. Die Resultate zeigen, dass dieses System funktioniert.
Wie stehen denn die Chancen in der vor uns liegenden Saison?
Michels: Wir haben den Umbruch vor einem Jahr vollzogen. Ich bin sicher, dass wir davon in dieser Spielzeit profitieren können. Wir sind eingespielt und haben Szalai und Risse zurück. Dennoch: Ein 5. Platz kann für Mainz immer nur eine extrem positive Ausnahme sein. Wenn wir mit dem Abstieg nichts zu tun haben, den Fans guten Fußball bieten und wie in den beiden letzten Jahren auch dem einen oder anderen Favoriten ein Bein stellen, dann hat der FSV eine gute Saison gespielt.

Wer wird deutscher Meister 2013?
Michels: Da kommen nur zwei in Frage. Es wird sich zwischen Dortmund und München entscheiden.

Das Interview mit Arno Michels führte unser Mitarbeiter Willi Rausch.

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