Herz, was willst du mehr?

Da zu sitzen, Seele und Beine baumeln zu lassen. Die Momente werden zu Minuten, die Minuten werden zu Stunden.

Und das ist gut so. Ein sanftes, blinzelndes Lächeln tanzt auf dem Gesicht. Manchmal wird es zum breiten Lachen, wenn der gute alte Freund auf der Bierbank gegenüber oder die blutjunge neue Bekannte vom Tisch neben dran gerade etwas witziges erzählt oder wenn einfach die Lust am sonnengefluteten Gelächter siegt. Die Schorle oder besser noch das Bier ist genau so kalt, dass das Glas beim ersten Schluck beschlägt und ein unsichtbarer Schauer vom Hals in den Kopf und wieder herunter durch den ganzen Körper fährt.
Davor ein bisschen Kaufen, danach ein bisschen Laufen? Kann sein, muss aber nicht. Der Biergarten ist Selbstzweck. Das war schon immer so und wird immer so sein.
Die Luft umfängt einen gänzlich, ist prall gefüllt mit Stimmengewirr, mit Wärme, mit sommerlichem Surren, mit Zufriedenheit. Plötzlich kommt dann vielleicht ein alter Kollege vorbei, den man schon ewig nicht mehr gesehen hat. "Mensch, du auch hier - wie schön. Wie geht\'s?"
Die Sonne wandert, aber die Bäume sind dicht oder der Sonnenschirm groß. Bestellen wir noch etwas. Am besten, was Ehrliches, ohne Angst vor zu viel Cholesterin oder wie das heißt. Es wird Zeit, dem Bewusstsein, das - trunken vor Wärme, Licht und dem ein oder anderen Schoppen - schon ein wenig duselig wird, Stütze zu geben. Brotzeit, Flieten, Flammkuchen, her damit! Denn nirgendwo schmeckt es so gut, wie im Biergarten.
So viel Ruhe, wie er ausstrahlt, sind seine Tage doch stets gezählt. Kaum haben die summenden Frühsommertage begonnen seine Jünger herauszurufen, steht schon wieder herbstliches Jackenwetter vor der Tür. Genießen wir es, solange es währt! Und nie ist es genug.
Wenn langsam die Schatten der Weizengläser auf den Tischen länger werden, gehen die Ausflügler, die Ausgeher kommen. Was bleibt, ist die Gewissheit, heute Teil einer Ruheinsel im hektischen Alltag gewesen zu sein.
Aber noch sind wir da. Eins geht noch. Und dann einmal versuchen, dass meditative Biergarten-Gefühl mit nach Hause zu nehmen: Mitten drin und doch irgendwie neben dem Geschehen, sich die eigene Zeit zu gönnen, während die Leute vorbeirauschen. Das gute Gefühl, einmal nicht immer auf die Uhr zu schielen. Nein, heute wirklich nicht! Sei\'s drum. Klar begrenzt mit dem äußeren Rand der Stuhllehnen der Außentische, dem Mäuerchen außen herum oder den äußersten Zipfeln der weiten, weißen Sonnenschirme ist er stets für einen da, auch, wenn niemand anders Zeit hat. Der Biergarten - ein Raum zum Durchatmen, ob mitten im Wald oder mitten in der Stadt, den mitzunehmen kaum jemandem gelingt. Wie gut, dass er immer nah bleibt. Herz, was willst du mehr?

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