Mann über Bord!

Nur wenige Menschen konnten im 19. Jahrhundert schwimmen: Die Flüsse der Region waren gefährlich

Der Schneiderlehrling Mathias Steinmetz aus Saarburg hatte Glück im Unglück. Als er am 8. April 1847 mit seinem Kahn in der Saar kenterte, wurden seine Hilferufe gehört und der Schreiner Georg Jochum aus Saarburg konnte ihn wohlbehalten aus dem Wasser retten. Im folgenden Sommer zeigte auch Johann Weiß aus Kyllburg, dass er die Gefahr nicht scheute, um in einer mutigen Rettungsaktion den zehnjährigen Johann Mohr wieder ans Ufer der Kyll zu bringen, der beim Baden in eine Untiefe geraten war. Entsprechend der Bedeutung, die diesen Lebensrettungen zukam, bewilligte die königlich-preußische Regierung den Rettern "in Anerkennung ihres menschenfreundlichen Benehmens" eine Geldprämie und brachte ihre Tat "belobend zur öffentlichen Kenntnis"."Wie die Frösche"

Daneben sollte mit diesen Bekanntmachungen von staatlicher Seite aber auch für den Schwimmunterricht geworben werden. Seit Beginn des 19. Jahrhunderts war er in den Lehrplan verschiedener Schulen und Erziehungsanstalten aufgenommen worden war, da dem Schwimmen, "ebenso wie dem Turnen Vorteile höherer Art" beigemessen wurde. So hatte sich beispielsweise der Assistent des deutschen Aufklärungs-Pädagogen Christoph Salzmann, Johann Christoph Guts-Muth, große Verdienste darum erworben, auch das Schwimmen "als Ideal einer gymnastischen Übung" zum Bestandteil seiner pädagogischen Arbeit in der Erziehungsanstalt Schnepfenthal bei Gotha zu machen. In seinem "Lehrbuch der Schwimmkunst" von 1798, legte er die Grundlagen für eine pädagogische Systematik. Weiteren Aufschwung erhielten diese reformpädagogischen Bestrebungen durch die Einrichtung von Schwimmanstalten, wie beispielsweise jener, die der preußische General Ernst von Pfuel im Jahre 1817 außerhalb von Berlin anlegen ließ. Sie diente als Vorbild für die nachfolgenden Schwimmschulen, während die Pfuelsche Schwimmmethode nach Art der Frösche die Grundlage für den Unterricht bildete. "Die dem Froschschwimmen entlehnte Art des Schwimmens ist die beste Methode, sich am schnellsten im Wasser fortzubewegen, weil sie die am wenigsten ermüdende ist." urteilte eine Schwimmanleitung der damaligen Zeit und befand im Allgemeinen: "Körper, welche leichter sind als das Wasser, können sich an der Oberfläche desselben ohne künstlich angelerntes Zutun fortbewegen, das heißt sie können schwimmen. Diejenigen aber, welche schwerer sind als das betreffende Volumen Wasser, werden untersinken. Der Körper des Menschen ist leichter als Seewasser, aber etwas schwerer als Flusswasser." Die Bemühungen der preußischen Regierung um eine allgemeine Einführung des Schwimmens waren jedoch nur begrenzt erfolgreich, letztlich auch unter der Einschätzung, "da nur in wenigen Orten Deutschlands die Gelegenheit zum Baden und Schwimmen im Fluss oder See als günstig bezeichnet werden konnte".

"Der Erste-Hilfe-Leitfaden für Schwimmer"

Der Wunsch der Befürworter des Schulschwimmens, "dass wenigstens jede größere Schule auch eine Badeanstalt haben wird", blieb zu allen Zeiten unerreicht. Immerhin wurde mit der Fertigstellung des Trierer Stadtbades im Jahre 1931 das Schwimmen auch in der kalten Jahreszeit möglich und der Bauboom bei Schwimmbädern in den 1970er Jahren schuf auch in der hiesigen Region gute Voraussetzungen für Schwimmunterricht. Noch am Ende des 19. Jahrhunderts verfügten nur zwei bis drei Prozent der Bevölkerung über Schwimmkenntnisse. Ihre Steigerung auf einen heutigen An- teil von über 80 Prozent ist auch den verschiedenen, im Bereich der Wasserrettung tätigen Organisationen zu verdanken. So die 1883 gegründete Wasserwacht des Roten Kreuzes, die ebenso wie die 1913 ins Leben gerufene "Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft" (DLRG) von Anbeginn wertvolle Hilfe leistete und zu deren vielfältigen Ausbildungsbereichen auch aktuell der Schwimmunterricht gehört. Der Wiederbelebung von Ertrinkungsopfern kommt aber nach wie vor besondere Bedeutung zu. Der Mitbegründer der Ersten Hilfe, der Kieler Chirurg Professor Johann Friedrich von Esmarch hatte hierzu schon 1882 in seinem "Erste-Hilfe-Leitfaden" erläutert: "Man stelle den Ertrunkenen nicht auf den Kopf, sondern lege ihn zunächst auf einer Unterlage von Decken oder Kleidungsstücken oder über ein Knie auf den Bauch, den einen Arm unter den Kopf, den Kopf und die Brust etwas tiefer als den übrigen Körper und über einen Druck auf den Rücken aus, um die in Lunge und Magen eingedrungene Flüssigkeit ausfließen zu lassen."

Brigitte Nolte-Schuster

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