Film Kritik: Serie „Dark“ – Die erste deutsche Netflix-Produktion

Trier · Ein Mann erhängt sich. Sein letzter Wille in Form eines Briefes sei „nicht vor dem 4. November 2019, 22:13“ zu öffnen. Ein Junge verschwindet. Die Verpackung eines alten Schokoriegels wird im Wald gefunden. Wer wissen möchte, was das alles miteinander zu tun hat, findet die Antwort in „Dark“.

 Die Schauspieler Louis Hofmann (l.) und Oliver Masucci kommen am 20.11.2017 in Berlin zur Europapremiere der Netflix-Serie «Dark».

Die Schauspieler Louis Hofmann (l.) und Oliver Masucci kommen am 20.11.2017 in Berlin zur Europapremiere der Netflix-Serie «Dark».

Foto: dpa/Maurizio Gambarini

Die Mystery-Serie ist die erste deutsche Produktion, die der Streaming-Dienst Netflix anbietet. „Geheimnisse“ lautet der Titel der Pilotfolge. In der Tat geheimnisvoll erscheint dann auch gleich deren Beginn, denn „[…] die Unterscheidung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ist nichts als eine Illusion“, wie ein Sprecher aus dem Off wissen lässt. Die Erwartungen versprechen einiges, wird die neue Serie doch in der Öffentlichkeit gerne als deutsche Antwort auf die amerikanische Mystery-Serie „Stranger Things“ dargestellt.

Von Phantastik und Mysteriösem ist zunächst nicht allzu viel zu spüren. Die zentrale Handlung dreht sich um das Verschwinden von Erik Obendorf, einem Jungen aus Winden, dem Handlungsort der Serie. Die Einwohner rätseln, was mit ihm passiert sein könnte. Die Polizei tappt im Dunkeln. Helge Doppler, ein älterer, offensichtlich verwirrter Herr, scheint mehr zu wissen. Die Zeit steht nicht nur still in Winden, nein, sie scheint gar rückwärts zu laufen.

Die Hintergrundmusik – dramatisch, jedoch nicht aufdringlich– überträgt die trübe Stimmung auf das Publikum. Die spärliche, jedoch optimal abgestimmte Beleuchtung tut ein Übriges. Ohne künstlich zu wirken, lassen sich auch Details im Hintergrund mühelos erkennen, gleichzeitig bleibt die schummrig-düstere Atmosphäre gewahrt.

Etwa zur Hälfte der Folge verdichten sich die Hinweise auf etwas Ungewöhnliches: Die Mutter des im Fall Obendorf ermittelnden Kommissars findet die Verpackung des besagten Schokoriegels. Es sei alles wie vor 33 Jahren, sagt sie. Und: „Es wird wieder passieren. Es wird wieder passieren“ lässt Helge Doppler wissen. Denn „Dark“ spielt nicht ausschließlich in der nahen Zukunft. Auch die Ereignisse aus früheren Jahren werden später noch eine Rolle spielen – und lassen erahnen, dass „Dark“ doch nicht nur einem einzigen Genre zuzurechnen ist.

Eine Szene sticht heraus. Erik Obendorf liegt im Bett, während ein Musikvideo im Fernsehen läuft. Die Szene wirkt surreal, fast so, als sei Erik in eine Zeitmaschine gestiegen und in die 1980er Jahre gereist – wäre da nicht ein elektrischer Stuhl mitten im Raum. Erklärungen folgen nicht. Es bleibt unklar, ob diese Szene einen Zeitsprung darstellt, wie sie im späteren Verlauf der Serie noch folgen sollen.

Ebenso plötzlich, wie Erik ins Bild kam, wird das Publikum zurück zur ursprünglichen Szenerie geführt: 22.13 naht heran: Der Brief vom Anfang wird geöffnet. Was darin steht? Das bleibt geheim.

Erst gegen Ende der Episode flammt die Hoffnung, etwas Ungewöhnliches zu sehen doch noch einmal auf: Eine Reihe Jugendlicher ist auf der Suche nach Erik bzw. dessen Drogendepot in einer Höhle. Plötzlich hören sie ein mysteriöses Geräusch, das in einem Leuchten irgendwo in der Höhle mündet. Gleichzeitig versagen alle Taschenlampen den Dienst. Doch statt dem Grund nachzugehen, flüchten die Schatzsucher. Und der Zuschauer bleibt wieder einmal ratlos zurück.

Eher ungewöhnlich für bisherige deutsche Produktionen: die Flucht durch den Wald wird per Handkamera erfasst. Das Publikum erlebt die Szene so hautnah mit. Die Referenz an Vorbilder jenseits des großen Teiches ist klar – „Homeland“ etwa geht ähnlich vor.

Gucken oder Nicht gucken? Die Frage nach Erklärungen regt auf jeden Fall zum Verfolgen der nächsten Episoden an. Wer Phantastik mag und darüber hinaus nach derartigen in heimischen Landen produzierten Serien sucht, für den ist „Dark“ durchaus eine lohnenswerte Sache.

Die bisherigen Episoden:

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