Alles eine Frage des Blickwinkels

Warum geht es der Stadt Trier finanziell eigentlich so schlecht? Warum besteht keine Chance, auf absehbare Zeit einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen oder von den 680 Millionen Euro Schulden (Ende 2012) auch nur einen Euro zu tilgen? Oberbürgermeister Klaus Jensen hat in dieser Woche im Rahmen der Haushaltsberatung den Blick auf eine Kennziffer gelenkt, die zeigt, dass die Vorteile einer Region auch Nachteile sein können. Es geht um den Gesamtsteuerertrag pro Einwohner.

Klingt kompliziert, ist es auch: Der Gesamtsteuerertrag ist eine Kennzahl, die Auskunft gibt über die finanzielle Leistungsfähigkeit einer Kommune, die Fähigkeit einer Stadt also, ihre Aufgaben mit eigenen Steuererträgen zu finanzieren. Eigene Steuererträge bekommen Städte durch die Gewerbesteuer, die Grundsteuern und Anteile an der Einkommen- und Umsatzsteuer, die Vergnügungssteuer und die Hundesteuer. Auf die Einwohner umgerechnet ergeben sich hier erstaunliche Werte, die eine IHK-Studie kürzlich bezogen auf die Haushaltszahlen 2011 untersucht hat. Trier hat demnach Gesamtsteuererträge von 860 Euro pro Einwohner pro Jahr. Das ist unter den kreisfreien Städten im Land gerade mal Platz zehn von zwölf. Zum Vergleich das Spitzentrio: Ludwigshafen kommt auf 1510 Euro, Koblenz auf 1424, Mainz auf 1242 Euro. "Hätten wir solche Werte, dann hätten wir einen ausgeglichenen Haushalt", meint der OB. Zumindest in dieser Beziehung gehen also neidvolle Blicke an den Rhein. Auch in der Region Trier ist die Großstadt weit hinten. Vorne liegt Bitburg mit 1588 Euro pro Kopf und Jahr, auch Morbach (1454 Euro) und Wittlich (1055 Euro) liegen deutlich vor Trier. Hermeskeil kommt auf einen Wert von 794 Euro, Schweich auf 603, Saarburg auf 587 und Konz auf 567 Euro. Je näher zur Grenze, so scheint es, desto niedriger der Wert.

In der IHK-Untersuchung ist dies zwar nicht nachgewiesen, aber es scheint eine Vermutung des Trierer Oberbürgermeisters zu bestätigen: Für niedrige Gesamtsteuererträge ist unter anderem die Tatsache verantwortlich, dass viele Menschen aus der Region Trier ihre Löhne in Luxemburg versteuern. Für die Stadt Trier kommt erschwerend hinzu, dass rund 20.000 von 104.000 Einwohnern Studenten sind, die ebenfalls eher wenig zum Lohnsteueraufkommen beitragen. Zudem gibt es einen hohen Anteil von Arbeitsplätzen bei Verwaltungen und im Vergleich zu anderen Städten dieser Größenordnung wenige richtig große Gewerbesteuerzahler.

Zumindest in dieser Beziehung ist die Nähe zu Luxemburg mit seinem attraktiven Steuersystem also mal nicht von Vorteil für die grenznahen Städte. Missen will sie trotzdem natürlich niemand. Der Grund ist einfach und lässt sich schlicht aus weiteren Statistiken lesen - schließlich stehen Trier und die Region beim Blick auf die Arbeitslosenzahlen vor allem dank des Großherzogtums so gut da wie kaum eine andere Region im Land. Und die hohen Einkommen, die Luxemburg-Pendler erzielen, werden zwar nicht hierzuland versteuert, aber sie sorgen für klingelnde Kassen bei Handel und Gewerbe. . m.schmitz@volksfreund.de

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