Die Woche im Blick Erinnerung an die Reichspogromnacht: Wir alle müssen zurückblicken

Trier · Antisemitismus ist kein Sache der Vergangenheit, sondern noch heute verbreitet. Manche Argumente, die das Problem relativieren, tauchen immer wieder auf.

Antisemitismus: Wir alle müssen zurückblicken
Foto: picture alliance / dpa/Martin Schutt

Aber wir sind doch nicht daran schuld, was unsere Vorfahren gemacht haben.“ Immer wieder ist dies zu hören, wenn es um die Verbrechen der Deutschen im Zweiten Weltkrieg geht. Und eines stimmt: Fast niemand, der heutzutage lebt, hat etwa eine persönliche Verantwortung für die Reichspogromnacht 1938 und die Übergriffe, an die jedes Jahr am 9. November erinnert wird.

Aber dieses Gedenken, dieses Mahnen und auch diese Verantwortung, dass so etwas nie wieder geschieht, ist sehr wohl etwas, was uns alle etwas angeht. Wir alle sind gefordert, etwa abstrusen Theorien entgegenzutreten, die Nationen und Religionen zu Sündenböcken erklären wollen. Wenn es um unsere Jüdinnen und Juden geht, sollten wir uns bewusst machen, dass es keineswegs selbstverständlich ist, dass Menschen mit diesem Glauben Deutschland immer noch als Heimatland betrachten. Und wir sollten nachdenken, warum manche von ihnen heutzutage ihren Glauben lieber gar nicht angeben. Noch immer gibt es Menschen, die ihre Vorurteile ausleben und die damit schlichtweg Feinde unserer Demokratie sind.

„Aber ich kenne keinen, der Antisemit ist.“ Das ist ebenfalls eine Aussage, die ich bei Kommentaren zum Thema in sozialen Netzwerken immer wieder finde. Seien wir offen: Wer nicht mitbekommt, dass mehr als unpassende Vergleiche zum Verbrechen an Juden gezogen werden, wer nicht erkennt, dass antisemitische Symbole auftauchen – selbst auf der Documenta –, lebt eingeigelt zuhause oder ist Teil des Problems.

„Aber wir haben uns den Hass doch selbst ins Land geholt.“ Noch so eine Aussage, die mit Blick vor allem auf Menschen getroffen wird, die zu uns gekommen sind. Auch hier offen gesagt: Es stimmt, dass manche dieser Menschen bereits mit Vorurteilen gegenüber Israel und den Juden sozialisiert worden sind. Dessen sollten wir uns bewusst sein und etwa den Erfolg von Integration daran messen, wie sehr unsere Werte von allen gelebt werden. Doch am Ende ist nur eines wichtig: Dass wir Christen, wir Muslime, wir Atheisten zusammenhalten, uns erinnern und für unsere Gesellschaft eintreten.

t.roth@volksfreund.de

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