AUFGESCHLAGEN Was lange gärt, wird endlich Blut

Einen Mord aufklären, wo andere Urlaub machen – aus diesem Grund fährt der Düsseldorfer Fallermittler Max Bischoff in den kleinen Weinort Klotten nahe Cochem an der Mosel. Doch nicht er selbst ist aktiv geworden, um einen mehr als 20 Jahre zurückliegenden Todesfall aufzuklären; vielmehr hat ihn ausgerechnet Eslem Keskin, die Leiterin des Kriminalkommissariats 11 gebeten, Licht in die rätselhaften Vorkommnisse zu bringen, auf die sie durch die Tagebucheinträge einer kürzlich verstorbenen Freundin gestoßen ist.

Foto: Fischer Verlag

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Dabei kann sie Bischoff doch gar nicht leiden. Soll er sich etwa an dem Fall die Zähne ausbeißen, damit sie in ihrem (Vor-)Urteil über die vermutete Unfähigkeit des Ex-Kollegen bestätigt wird? Was Bischoffs Ehrgeiz natürlich nur noch mehr anstachelt.

Im Dorf selbst stößt er bei seinen Ermittlungen auf eine Wand des Schweigens und einen Platzhirsch als Kommissar, der dem Eindringling unmissverständlich zu verstehen gibt, dass er in seinem Revier nichts verloren habe. Auch sonst möchte niemand über den spurlos verschwundenen Winzer Peter Kautenberger reden, der seinerzeit offenbar den guten Ruf des Weinorts retten wollte, in dem einige Winzer Pläne hegten, ihre Moseltropfen chemisch zu veredeln (Stichwort: Glykolwein-Skandal, der in Österreich seinen Ausgang nahm und bis nach Deutschland hinüberschwappte).

Offenbar hat Bischoff mit seinen Ermittlungen in ein Wespennest gestochen, denn noch während er trotz aller Knüppel zwischen den Beinen weiter ermittelt, geschieht ein blutiger Überfall und ein weiterer Mord.

Schon bald ist dem Spürhund aus Düsseldorf klar, dass alles mit dem „cold case“ vor zwei Jahrzehnten zusammenhängen muss. Was die Angelegenheit noch rätselhafter macht: Plötzlich behaupten einige Dorfbewohner, dem Toten von damals leibhaftig begegnet zu sein …

„Mit den Augen des Opfers“ ist der dritte Fall für Max Bischoff in der Reihe „Mörderfinder“. Nach bewährtem Muster konstruiert Arno Strobel auch diesen Thriller: Während die Polizei ermittelt, lässt er zwischendurch immer wieder den Täter oder die Täterin persönlich zu Wort kommen, um die Ereignisse aus der Vergangenheit aus seiner/ihrer Perspektive zu beleuchten oder gar zu rechtfertigen.

Als Bischoff dann – quasi in letzter Minute und nicht, ohne selbst in Lebensgefahr zu geraten – dem Rätsel auf die Spur kommt, entlarvt er eine Person, deren psychische Störung so gravierend ist, dass man sich fragt, wie so ein Mensch jahrelang in der Dorfgemeinschaft leben konnte, ohne dass den anderen jemals aufgefallen ist, mit welcher Zeitbombe sie es tagtäglich zu tun haben.

Fazit: Je überschaubarer der Ort, umso undurchsichtiger, was hinter den Mauern der Häuser oder in den Verliesen der Weinkeller passiert. Trotz eines vermeintlichen alten und eines neuen Todesfalls kommt die Geschichte eher urlaubsmäßig-beschaulich als gänsehauterzeugend daher. Rainer
Nolden

Arno Strobel, „Mörderfinder – Mit den Augen des Opfers“, Fischer Verlag, 351 Seiten, 15,99 Euro.

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