Ich habe es geschafft und endlich den ersten 2015er getrunken, den ich im Handel gesehen habe. Es ist ein lieblicher Riesling Kabinett, für mich der Urwein der Mosel. Und dazu noch aus dem Piesporter Goldtröpfchen, eine der Toplagen im Anbaugebiet. Wenn ich mit ihr visuell, im Gespräch oder geschmacklich in Berührung komme, erinnere ich mich immer an eine ebenfalls lieblich ausgebaute Spätlese aus dieser Lage - und zwar eine aus dem Jahr 1989. Davon hatte ich einen Vorrat zuhause.

Ich habe diesen Wein fast lieber gerochen als getrunken. Es war, als steckte ich meine Nase in einen Korb voller Früchte - betörend und faszinierend zugleich. Es gibt Erkenntnisse und Begegnungen im Leben, die man nie vergisst. Die Bekanntschaft mit dem Goldtröpfchen gehört dazu.

Aber zurück zum Premierenwein aus dem Jahrgang 2015. Die erste Begegnung hat bereits alles gebracht, was man so nach diversen Nachrichten aus der Weinwelt erwarten durfte. Ich tue mich immer schwer, einen Wein zu erklären. Entweder er schmeckt oder er schmeckt nicht. Und der, den ich in dieser Woche im Glas hatte, schmeckte bereits so, dass ich mit ihm Frühling und Sommer verbringen könnte. Gerade einmal acht Prozent Alkohol hat er und gehört für mich unbedingt in die Kategorie der klassischen Moselweine. Und dann der Preis! Sechs Euro. Eigentlich zu preiswert, aber ich bin natürlich froh, dass wir uns kennengelernt haben und ich ein Schnäppchen gemacht habe.

Ich verschweige an dieser Stelle ganz bewusst den Erzeuger, um nicht einen allein in den Himmel zu heben. Ich bin sicher, dass viele Winzer ganz tolle 2015er im Keller haben. Im Mai, wenn die Tage der offenen Weinkeller ihren Höhepunkt erreichen, werden wir sie probieren können. Clemens Beckmann

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