Auslese

Fantastische Quereinsteiger

Sie sind wohlhabend, erfolgreich, mehr oder weniger jung und haben einen Spleen: Wein. Ob Journalisten, Juristen, Banker, Brauereierben, Biologen, Moderatoren, Vermessungstechniker (die Liste lässt sich beliebig fortsetzen) - eines Tages entschieden sie sich, ihr altes Leben hinter sich zu lassen, um Winzer zu werden. Sie schlugen Wurzeln an Mosel, Saar oder Ruwer, kauften ihr eigenes Weingut, bauten ihren eigenen Wein aus und freuten sich über die Erfüllung ihrer Träume.

Die Zahl der sogenannten Quereinsteiger wächst, was sich leider nicht mit soliden Zahlen belegen lässt. Verrückterweise scheuen die Weinlaien dabei weder harte Arbeit, noch die manchmal karge Ernte, die hohen Betriebskosten oder die Überstunden, für die sie ihre Arbeitgeber einst verflucht hätten. Wer sich im Anbaugebiet Mosel umschaut, trifft auf viele dieser Weinenthusiasten.

Da ist etwa Roman Niewodniczanski, der Bitburger Brauereierbe, der das Weingut van Volxem in Wiltingen an der Saar wieder auf die Beine gebracht hat. Oder Moderator Günther Jauch. Er erwarb das Traditionsweingut Von Othegraven in Kanzem - fast könnte man sagen aus Sentimentalität - weil er als Kind seine Ferien dort verbracht hatte. Der Schweizer Vermessungstechniker Daniel Vollenweider ließ sich in Wolf bei Traben-Trarbach nieder und rettete sozusagen die Lage Wolfer Goldgrube.

Das Ehepaar Konstantin Weiser und Alexandra Künstler - sie arbeitete als Diplom-Sozialpädagogin in einer Behinderteneinrichtung - baut in Traben-Trarbach ausschließlich Rieslinge aus der Steillage an und haben so ihre eigene Philosophie entwickelt. Denn allein die Liebe zum Wein reicht nicht, um erfolgreich zu sein. Zwar werden die wenigsten Winzer reich, doch um im Geschäft zu bleiben, brauchen sie ein wirtschaftliches Konzept. Sonst verdunsten die Illusionen schnell und von der Euphorie bleibt Enttäuschung.

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