Einfach mal gönnen können

Neulich, es war in aller Munde, hat ein Saar-Riesling einen Rekord gebrochen. Eine Trockenbeerenauslese eines Wiltinger Weingutes brachte auf einer Auktion über 14.000 Euro – pro Flasche, versteht sich.

Die Vermarktungsorganisation Moselwein e.V. spricht gar von einem Weltrekord. Insgesamt wurden in der Auktion in Trier 13.000 Flaschen Riesling für 1,7 Millionen Euro versteigert. "Welch ein Irrsinn", denkt sich da der eine oder andere, zumal es sich teilweise auch um umstrittene Jahrgänge gehandelt hat. Und bei manchem flackert vielleicht auch ein wenig Sozialneid auf.

Aber das ist im Grunde genommen viel zu kurz gegriffen. Dem Vernehmen nach ging der Wein ohnehin nach Asien, wo andere finanzielle Maßstäbe gelten. Außerdem ist der Werbeeffekt einer solchen Auktion nicht zu unterschätzen - und davon profitiert die gesamte Moselregion - vom Nebenerwerbswinzer, der kleine, feine Weine erzeugt, bis zum Traditionsweingut, das schon in der x-ten Generation familiengeführt ist.

Und dem Winzer, dessen Wein diese Rekordsumme erzielt hat, sollte man einfach freundlichst gratulieren. Es gehören eben Fleiß, Qualitätsbewusstsein und natürlich auch ein bisschen Glück dazu, eine solche Summe zu erzielen.

Aber mit dem Gratulieren und Gönnen-Können tun sich die Deutschen nun mal manchmal etwas schwer, vielleicht, weil sie ein wenig verkrampft und bisweilen auch dogmatisch sind. Das versucht der Berliner Philosphie-Professor Byung-Chul Han - er stammt aus Südkorea und wird derzeit als Star seines Faches gehandelt - mit der Sinnenfeindlichkeit des Protestantismus zu erklären.

Vielleicht erweitert aber auch ein Blick auf Oldtimer-Auktionen in diesem Zusammenhang den Horizont: Für einen Volkswagen T 1 Bus aus den 1950er Jahren werden immer wieder auf Auktionen bis zu 200.000 Euro bezahlt. Für ein Auto mit gerade mal 30 PS, das auch noch ohne Servolenkung auskommen muss. Was ist da schon eine Flasche Wein für 14.000 Euro?

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