Und bei einer Abendesseneinladung sollten Sie sich nicht gleich nach dem Dessert und auch nicht viel später als eine Stunde nach dem Digestif verabschieden.

Nur wenn Sie ausdrücklich und glaubhaft gebeten werden, können Sie bleiben. Doch zieren Sie sich dann nicht lange und bleiben Sie auch nur, wenn Sie sich über die Einladung freuen. Allerdings, sobald der Gastgeber oder derjenige, der in der Situation die ranghöchste Person ist, das Zeichen zum Aufbruch gibt, sollten Sie Ihr Glas leeren und spätestens nach zehn Minuten sich mit einem Dank für die Einladung, für das interessante Gespräch oder für was auch immer verabschieden und aufbrechen.

Falls Sie sich als Erster verabschieden, verbreiten Sie keinesfalls Aufbruchstimmung, solange der Abend noch nicht ganz beendet ist. Ist es schon unhöflich, vorzeitig zu gehen, wäre es geradezu unverzeihlich, wenn Sie mit Ihrem Verhalten die Runde sprengten. Wünschen Sie also noch einen schönen Abend und gehen Sie zügig und unauffällig, und vermeiden Sie es auch, die Gastgeber in unangebrachte Gespräche zwischen Tür und Angel zu verwickeln. Handelt es sich nun um große gesellschaftliche Veranstaltungen, muss sowohl auf feste Programmpunkte als auch auf den Stil und die Größe der Veranstaltung geachtet werden. Obendrein soll kein Gast vor den geladenen Ehrengästen gehen und bei einem gesetzten Essen nicht, ehe die Tafel aufgehoben ist.

Müssen Sie dennoch früher gehen - etwa in einem Notfall -, vermeiden Sie das große Händeschütteln und verlassen Sie die Veranstaltung mit oder ohne Entschuldigung unauffällig. In solchen Fällen ist es eine schöne Geste des Respekts, sich am nächsten Tag für die Einladung zu bedanken und möglicherweise sogar einen Blumenstrauß vorbeizuschicken.

Aus Salka Schwarz: "Renaissance der Höflichkeit. Fragen zur Etikette im 21. Jahrhundert".