Das Häuschen im Grünen

Es wird den einen großen Wurf nicht geben. In Deutschland steigt die Zahl der Ärzte, aber der ländliche Raum wird schon in wenigen Jahren unterversorgt sein.

Wie der Trierische Volksfreund am Donnerstag berichtete, werden in den nächsten sechs Jahren allein in Rheinland-Pfalz 30 Prozent der Hausärzte das Rentenalter erreichen. Und schon heute zeichnet sich ab, dass sich kaum noch Nachfolger finden lassen dürften. Die Abwärtsentwicklung der Dörfer, die im Osten Deutschlands bereits vielerorts Realität ist, setzt sich auch im Westen fort. Die ärztliche Versorgung ist da nur eine Facette. Viele Junge ziehen der Arbeit und der besseren Infrastruktur wegen in die Ballungsräume. Zurück bleiben vor allem die Alten, die eigentlich am ehesten auf kurze Wege angewiesen sind, zurück bleiben leerstehende Häuser, geschlossene Geschäfte. Die Tante-Emma-Läden gehören ja schon lange der Vergangenheit an. Mangels Kindern werden Schulen zusammengelegt, Krankenhäuser, wie jüngst das in Neuerburg, aus Kostengründen geschlossen. Auch wenn die Bundesregierung jetzt ein Programm zur flächendeckenden schnelleren Internetversorgung aufgesetzt hat, hinkt Deutschland im europäischen Vergleich bei der Digitalisierung gnadenlos hinterher. Nicht die Städte sind betroffen, sondern der ländliche Raum. Viele Bürgermeister auf dem Land beklagen, dass diese Unterversorgung ein bedeutendes Ansiedlungs- und Investitionshemmnis war und ist. Und weiter: Wer wollte schon Busse und Bahnen subventionieren, in denen die meisten Plätze nicht besetzt sind? Eine WDR-Reportage zeichnete dieser Tage nach, wie in einigen Teilen Nordrhein-Westfalens abseits der Zentren ganze Straßenzüge brach fallen, wie Häuser, wenn sie überhaupt einen Käufer finden, weit unter Wert verscherbelt werden müssen. Auf der anderen Seite ist in den Städten Wohnraum knapp und daher auch entsprechend teuer. Da braucht man nicht nach München, Stuttgart oder Hamburg zu schauen, da reicht ein Blick auf das Preisgefälle zwischen Trier und Eifel- oder Hunsrückdörfern. Alles nur Schwarzmalerei? Sicher, es gibt politische Konzepte zur Entwicklung des ländlichen Raums. Aber staatliche Förderung allein wird nicht ausreichen und ist auch nicht überall gleichermaßen sinnvoll. Damit das Häuschen im Grünen auch für die, die es sich sauer erspart haben, weiterhin eine Option bleibt, müssen wir uns verabschieden vom Gedanken an eine Vollversorgung auf der ganzen Linie. Nachbarschaftshilfe, ob freiwillige Fahrdienste hier oder Babysitting da, Arztmobile, die gelegentlich schon in der Obdachlosenszene eingesetzt werden, freiwillige Betreuer - es gibt mannigfaltige Ideen und Möglichkeiten, wie Bürger sich gegenseitig stützen können. Mancherorts passiert in dieser Hinsicht ja schon viel. Und für die Kommunalpolitik ist oder wäre es eine lohnende und ehrenvolle Aufgabe, solche Initiativen zu organisieren und zu strukturieren. Denn es sind eher diese kleinen, an der konkreten Situation orientierten Schritte, die uns hier weiterbringen als große Programme, für die irgendwann vielleicht kein Geld mehr da ist.

Isabell Funk, Chefredakteurin

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