Das leidige Thema Zeitverschwendung
Zeit ist bekanntlich Geld - und daher legen es vor allem Chefs darauf an, so viel wie möglich davon zu sparen. Doch statt nur einen Blick auf die Uhr zu werfen, sollten Vorgesetzte auch das Einsparpotenzial durch sinnvolle Arbeitsaufteilung nicht unterschätzen.
Die grauen Herren brechen über das kleine Dorf wie eine Seuche herein. Sie fordern die Menschen auf, so viel Zeit wie möglich zu sparen. Das Guthaben soll zu einer Zeitsparkasse fließen, die Menschen reicher machen.
Doch mit jeder gesparten Minute werden die Dorfbewohner unglücklicher. Nur Momo, die Titelheldin des Romans von Michael Ende, durchschaut das falsche Spiel und enttarnt die heuchelnden Grau-Männer.
Die grauen Herren der Gegenwart sitzen in der Chefetage. Ihr häufigster Blick gilt der Uhr. Kein Arbeitsgang, den sie nicht rationalisieren, kein Mitarbeiter, dem sie nicht Beine machen wollen, auch wenn dieser schon nach Leibeskräften hetzt.
Doch sparen sie wirklich Zeit? Im Gegenteil, sie vergeuden größte Mengen. Eine Studie weist nach: Jedes Jahr gehen in Deutschland pro Mitarbeiter 26 Arbeitstage verloren, nur weil die eine Hand des Chefs nicht weiß, was die andere tut: weil Aufträge doppelt erteilt oder unklar definiert werden; weil Mitarbeiter mal in Arbeit ersaufen, dann wieder Leerlauf haben; weil das Sparen an kleinen Fortbildungen gleichzeitig zur Verschwendung kostbarer Arbeitszeit führt.
Die von Chefs verschwendete Zeit hat ihren Preis: 135 Milliarden Euro pro Jahr. Falls der Chef Ihre Zeit vergeudet: Machen Sie ihm keine Vorwürfe (auch das wäre Zeitverschwendung), sondern sagen Sie, was er tun kann, damit Sie effektiver arbeiten können.
Beispiel: Sie bekommen immer wieder Arbeiten von ihm, bei denen Sie gar nicht genau wissen: Was soll eigentlich passieren? Das führt zu etlichen Korrekturschleifen. Dann sagen Sie: "Gerne würde ich die Arbeit in einem Zug und so schnell wie möglich erledigen. Dazu brauche ich folgende Informationen…" Bei dieser Lösung würden Sie und der Chef gewinnen. Vor allem eines: Zeit.
Unser Kolumnist Martin Wehrle (geboren 1970) gehört zu den erfolgreichsten Karriereberatern in Deutschland. Sein aktuelles Buch: der Bestseller "Ich arbeite in einem Irrenhaus" (Econ, 14,99 Euro).