Das misslungene Mertes-Manöver

Der Präsident des Parlamentes ist ein Veteran der Landespolitik. Niemand ist so lange dabei wie Joachim Mertes (65), der seit 31 Jahren Strippen zieht. Der gebürtige Trierer gilt als Freund des verbalen Säbelrasselns. So nennt er gerne mal EU-Beamte "Kapitalismusknechte".

Wer austeilt, muss auch einstecken können: Mertes hat sich den Zorn der Landespressekonferenz zugezogen. Dieser gehören die Journalisten an, die regelmäßig über die Landespolitik berichten. Vorsitzender des Gremiums ist Georg Link vom SWR. Und der beschwert sich heftig im Namen aller Kollegen.

Stein des Anstoßes: der wochenlang mit großer Spannung erwartete Bericht des Rechnungshofs zum Nürburgring. Um 16.30 Uhr übergibt Präsident Klaus P. Behnke das brisante Gutachten am Mittwoch an Mertes. Reichlich spät für Journalisten, um es danach noch eingehend zu studieren und fundiert für den nächsten Tag zu berichten. Für überregionale Blätter wie die FAZ oder die Süddeutsche schon zu spät.

Als die Berichterstatter das Dokument ab 16.30 Uhr auf der Homepage des Landtags suchen - Fehlanzeige. Erst eine Stunde später taucht es dort auf. Der Vorsitzende der Landespressekonferenz nimmt das zum Anlass für eine öffentliche Präsidenten-Rüge, die viele Medien abdrucken oder senden. Mertes (Foto: dpa) wäre nicht Mertes, würde er das einfach stehen lassen. Man hätte sich besser erkundigen sollen, höhnt er. Die Verzögerung sei durch einen zunächst nicht zu entschlüsselnden USB-Stick entstanden, auf dem die Daten gespeichert gewesen seien.

Besänftigen kann der Landtagspräsident die Journalisten damit aber nicht. Er hätte problemlos einen anderen Übergabetermin mit dem Rechnungshof wählen können, meinen sie. Dessen Präsident Behnke erklärt, die Übermittlung der Daten schon am Morgen angeboten zu haben. Er hätte ferner eine Stunde früher zur Verfügung gestanden - auch darauf sei der Landtag nicht eingegangen.

Übrigens: Das Mertes-Manöver, den Eifer der Berichterstatter auszubremsen, ist reichlich misslungen. Denn angesichts der brisanten Inhalte des Gutachtens prasselt trotzdem Kritik auf die Landesregierung ein.

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