Der Notschläfer

Die Stadt Mainz erhebt seit Juni 2005 eine Zweitwohnungssteuer. Auch Trier kassiert diese. Die klammen Kommunen wollen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Einerseits verschaffen sie sich zusätzliche Einnahmen.

Andererseits erhöhen sie ihre Einwohnerzahlen, denn viele Leute wollen diese Steuer umgehen und melden ihren Erstwohnsitz in Mainz oder Trier an. Was, nebenbei bemerkt, wiederum Geld in die Kasse spült, denn je mehr Einwohner, desto mehr Einnahmen durch den kommunalen Finanzausgleich.

Die Stadt Mainz hat sich nun überlegt, sie könnte doch auch mal bei den Landtagsabgeordneten in Sachen Zweitwohnngssteuer anklopfen. Schließlich gibt es seit 1999 das Abgeordnetenhaus. Darin gibt es für jeden Volksvertreter kostenfrei ein 22-Quadratmeter-Arbeitszimmer. Mit Nasszelle, Küchenzeile und Schrankbett. Wenn Ausschüsse oder Plenarsitzungen laufen, kann man dort übernachten.

Ein von der Landtagsverwaltung pflichtbewusst weitergeleitetes Schreiben - Betreff: Zweitwohnungssteuer - ist dieser Tage bei den Abgeordneten gelandet. Unmut regt sich. Für etwas, das man nur zum Arbeiten nutzt, Steuern entrichten? "Ich zahle nix", sagt der Eifeler CDU-Politiker Michael Billen, "denn ich habe in Mainz keinen Wohnsitz." Ihm geht's nicht ums Geld, sondern ums Prinzip. In einem Fragebogen, wo er bei "wohnen" und "schlafen" ja oder nein ankreuzen sollte, hat Billen beides durchgestrichen. Und durch dieses Wort ersetzt: "Notschlaf".

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