Die meisten Mitarbeiter hätten lieber keine Chefin, obwohl sie besser zuhört

Männliche Chefs haben den Ruf, dass sie Zahlen wichtiger als Menschen nehmen, Ratschläge abprallen lassen, Lobworte als "überflüssige Gefühlsausbrüche" sehen. Dieser Ruf ist nicht unverdient; viele Mitarbeiter leiden unter dieser störrischen, dieser emotionsarmen, dieser typisch männlichen Führung.

 Martin Wehrle. Foto: Privat

Martin Wehrle. Foto: Privat

Aber aus der Tatsache, dass etliche Alpha-Männchen unbeliebt sind, darf man nicht schließen, Alpha-Weibchen seien beliebter. Noch immer lassen sich die meisten Arbeitnehmer lieber von einem Mann als von einer Frau führen. Vor die Wahl gestellt, würden 35 Prozent der Befragten einen Mann als Chef vorziehen - aber nur 14 Prozent eine Frau. (Rund der Hälfte ist das Geschlecht egal.) Das jahrtausendelange Patriarchat hat offenbar in die Köpfe gebrannt, ein männlicher Chef sei der bessere Führer und Versorger. Doch seit die Höhlen verlassen, die Lagerfeuer erloschen und die Mammuts in die ewigen Jagdgründe gegangen sind, erweisen sich Sturköpfigkeit und Muskelkraft als schlechte Überlebensberater. Die Chef-Männer hören zu wenig auf ihre Mitarbeiter und zu sehr auf sich selbst. Bei Friedrich Dürrenmatt heißt es: "Unter Intuition versteht man die Fähigkeit gewisser Leute, eine Lage in Sekundenschnelle falsch zu beurteilen." Frauen dagegen nutzen ihren Kopf nicht nur zum Einrennen von Wänden, sondern auch für eine Sportart der Neuzeit: zum Denken. Viele hören besser zu und fühlen sich besser in Mitarbeiter ein. Vielleicht ist das der Grund, warum ihre Geschäftszahlen die reinen Männerriegen abhängen. Aber wie sollen die Arbeitnehmer diese Vorzüge der Chefinnen zu schätzen wissen? Wo doch die meisten noch nie eine Chefin hatten

Quelle: IFAK Institut, Taunusstein, Repräsentative Telefonbefragung unter 2000 Erwerbstätigen in Deutschland, 2007

Unser Kolumnist Martin Wehrle (geboren 1970) gehört zu den erfolgreichsten Karriereberatern in Deutschland. Sein aktuelles Buch ist der Bestseller "Ich arbeite (immer noch) in einem Irrenhaus" (Econ, 14,99 Euro)

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