Drei schallende Ohrfeigen

Zu viel Strategie, zu wenig Bauch. Kalt erwischt hat es in dieser Woche nicht nur die Kanzlerin. Dass Angela Merkel (CDU) ihren Präsidentenkandidaten Christian Wulff erst im dritten Wahlgang durchbrachte, ist eine Schmach allererster Güte.

Es scheint, als verlöre diese Kanzlerin nach Jahren der Erfolge ausgerechnet in der vermaledeiten Wunschkoalition mit der FDP allmählich die Bodenhaftung. Als jetzt Gespür für die Stimmung an der Basis gefragt war, hat sie versagt. Mittlerweile glauben zwei Drittel aller Deutschen an das baldige Ende schwarz-gelber Blütenträume. Bittere Quittung für Selbstüberschätzung.

Auch einer anderen CDU-Politikerin fehlte jegliches Fingerspitzengefühl. Julia Klöckner, die angetreten ist, um bei den Landtagswahlen im März nächsten Jahres den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck vom Thron zu stoßen, glaubte allein kraft ihrer Autorität die Kandidatenkür in der Eifel beeinflussen zu können.

Der Einmischungsversuch war nicht nur so überflüssig wie ein Kropf, sondern ging auch noch voll nach hinten los. Die Basis keilte zurück und ließ Klöckners Kandidatin durchfallen. Nicht Amt oder Funktion verschaffen Menschen Respekt, sondern umgekehrt ist's richtig. Der Mensch muss das Amt adeln. Verholperter Start in den Wahlkampf.

Die dritte Ohrfeige fing sich die SPD-Landesregierung ein. Die Nürburgringaffäre beschäftigt jetzt in großem Umfang auch die Justiz. Nachdem bereits seit dem vergangenen Jahr ein Untersuchungsausschuss mit der politischen Aufarbeitung des komplizierten Finanzierungsgeflechts rund um den gigantischen Ring-Ausbau beschäftigt ist, hat die Staatsanwaltschaft Koblenz Ermittlungen wegen Untreue gegen Ex-Minister Deubel und sieben (!) weitere Verantwortliche eingeleitet. Dass es überhaupt so weit kommen musste, ist ein Armutszeugnis für die Landesregierung, die zwar einräumte, viel zu spät die Reißleine gezogen zu haben, sich im Untersuchungsausschuss aber nicht gerade mit glühendem Aufklärungseifer hervortut. Ein eigenartiger Zufall zudem, dass die Öffentlichkeit erst eine Woche nach Einleitung des Verfahrens über die Ermittlungen informiert wurde. Es war ausgerechnet der Tag der Bundespräsidentenwahl, an dem alles gespannt nach Berlin schaute.

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