Durchgeboxt

In Sachen Comics ist Deutschland weiterhin Entwicklungsland, auch wenn sich im vergangenen Jahrzehnt auf dem Markt viel für heimische Zeichner und Autoren getan hat. Nach seinen Comics „Cash – I See A Darkness” (2006) über den US-amerikanischen Countrymusiker und „Castro” (2010) über Kubas ehemaligen Staatspräsidenten hat Kleist jetzt eine weitere Biografie in Wort und Bild gebannt. „Der Boxer“ erzählt das Leben des Juden Hertzko Haft.

Deutsche Comickünstler von internationalem Rang sind aber weiter Mangelware. Matthias Schultheiss war einer, bevor er sich Anfang des neuen Jahrtausends aus dem Geschäft zurückzog. Und Reinhard Kleist könnte ein ganz Großer werden.
Nach seinen Comics "Cash - I See A Darkness” (2006) über den US-amerikanischen Countrymusiker und "Castro” (2010) über Kubas ehemaligen Staatspräsidenten hat Kleist jetzt eine weitere Biografie in Wort und Bild gebannt."Der Boxer" erzählt das Leben des Juden Hertzko Haft. 1925 in Polen geboren gerät Haft als Jugendlicher in die deutsche Vernichtungsmaschinerie, boxt in den Lagern zur Belustigung der Nazis und überlebt nur, weil er stets als Sieger aus dem Ring steigt. Dem Faustkampf bleibt Kleists Protagonist auch nach Kriegsende treu. Haft wandert nach Amerika aus, nennt sich fortan Harry und fordert den späteren Schwergewichtsweltmeister Rocky Marciano. Alles, um in die Schlagzeilen zu kommen und so seine große Liebe Leah wiederzufinden, die er in den Kriegswirren verlor.
Kleist bringt Hafts Leben in reduzierten Schwarz-Weiß-Bildern aufs Papier - mit einem Strich, der in seiner Einfachheit und Präzision zusehends an den großen Will Eisner ("The Spirit", "Ein Vertrag mit Gott") erinnert. Auch erzählerisch legt der Wahlberliner zu, malt sein Sittengemälde nicht einfach schwarzweiß, sondern mit all seinen feinen Zwischentönen.

Falk Straub
Reinhard Kleist: Der Boxer. Die wahre Geschichte des Hertzko Haft, Carlsen Verlag, 2012, 176 Seiten, 16,90 Euro.

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