Geiz ist überhaupt nicht geil

Trier · Der Chef des kanadischen Forstbetriebes überraschte seine Mitarbeiter mit einem Geschenk: Jeder bekam einen Bonus ausbezahlt – egal, ob er bis dahin fleißig oder faul war. Die Mitarbeiter strahlten nicht nur um die Wette, sie arbeiteten auch so: Schon am ersten Tag nach der Zahlung leisteten sie zehn Prozent mehr. Je länger ein Mitarbeiter in der Firma war, desto dauerhafter hielt dieser Leistungsschub an.

Diese Studie hat das Institut zur Zukunft der Arbeit veröffentlicht und weist auf die Vorteile der Großzügigkeit hin. Zum Beispiel garnieren Hilfsorganisationen ihre Spendenaufrufe mit kleinen Geschenken, was dazu führt, dass sich die Spenden verdoppeln können. In der Fachsprache heißt dieses Verhalten "reziprokes Handeln". Auf Deutsch: Wie man in den Wald hineinruft, so hallt es heraus.

Wenn eine Firma bei den Gehältern geizt, darf sie im Gegenzug keine großzügige Leistung ihrer Mitarbeiter erwarten, ja nicht einmal Loyalität. Warum sollten erstklassige Mitarbeiter für zweitklassige Gehälter arbeiten?

Eine umgekehrte Evolution beginnt: Die starken Mitarbeiter wandern ab, die Schwachen bleiben. Das Niveau der Arbeit fällt. Die Kunden laufen davon. Der Geiz kann genau das heraufbeschwören, was er verhindern sollte: eine finanzielle Katastrophe, den Konkurs.

Unser Kolumnist Martin Wehrle (geboren 1970) gehört zu den erfolgreichsten Karriereberatern in Deutschland. Sein aktuelles Buch: der Bestseller "Ich arbeite in einem Irrenhaus" (Econ, 14,99 Euro).

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