Glaube im Alltag Eine Unterbrechung mit Folgen

Mikroabenteuer. Eine Nacht draußen schlafen, nur mit dem Schlafsack oder der Bettdecke ausgestattet, auf der Terrasse oder im Garten, um den Kopf zu befreien und nach den Sternen zu greifen … Mit dem Buch „Microadventures.

Local Discoveries for great escapes“ wird Alastar Humphreys 2014 zum Erfinder dieser Bewegung und trifft den Nerv vieler Zeitgenossen. Für den Briten ist ein Mikroabenteuer nah am eigenen Zuhause. Es ist günstig, einfach, von kurzer Dauer und wirksam. Es beinhaltet all das, was ein großes Abenteuer ausmacht, nämlich die Herausforderung, den Spaß, die Flucht aus der Wirklichkeit, die zugleich Lernerfahrungen ermöglicht und nicht zu vergessen: die Aufregung.

Von dem katholischen Theologen Johann Baptist Metz stammt die wahrscheinlich „kürzeste Definition von Religion: Unterbrechung.“ Praktizierter Glaube unterbricht den Alltag durch Gebet, Sonntags­gottes­dienst, diakonisches Handeln und die unterschiedlichen Zeiten im Kirchenjahr, wie eben nun seit Mittwoch: die Fastenzeit. Die Gegenwart zeigt, dass diese religiöse Form der Unterbrechung immer weniger Menschen aufsuchen und anwenden.

Mikroabenteuer sind eine Form der Unterbrechung. Sie besitzen jedoch nicht automatisch einen religiösen Charakter. Sie können aber einen Raum des Staunens eröffnen. Damit uns der Augenblick des Staunens anspricht, müssen wir zulassen, dass wir uns zumindest ein wenig von ihm überraschen lassen, bis er uns erst in seinen Bann und schließlich gleichsam nach oben beziehungsweise zu uns zieht. Somit wird er zu einer subtilen Erfahrung der Verwunderung, die Vertrautes auf den Kopf stellt. Fernab der liebgewonnenen Komfortzone, vielleicht auf der Terrasse oder im Garten, taucht manchmal wie aus dem Nichts die Frage auf: Warum bist du hier? Wer diese Frage so umformuliert, dass sie nicht mehr an jemand anderes gerichtet ist, sondern an sich selbst, wird nicht mehr der Gleiche sein und erlebt eine Unterbrechung mit Folgen. Wer dem Ruf (Gottes) folgt, begibt sich in ein Abenteuer. Das bedeutet, die gewohnte Welt zu verlassen und sich auf unsicheres Terrain zu wagen.

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