Glaube im Alltag

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich liebe Satzzeichen. Das Semikolon zum Beispiel: total unterschätzt.

 Pfarrerin Maike Roeber.

Pfarrerin Maike Roeber.

Foto: (h_st )

Und der Binderstrich erst! Gibt er vielen Dingen doch eine ganz neue Betonung, gar Bedeutung. Okay, manchmal stehe ich damit auch auf Kriegsfuß. Wie viele Kommas verträgt ein Satz? Einen Punkt zu setzen fällt mir dagegen nicht schwer. Ein abseitiges Thema? Vielleicht. Aber immer wenn ich mich damit beschäftige, fällt mir "Satzzeichen retten Leben" ein. Eine kleine, witzige Aktion, ich weiß gar nicht genau woher, die Sätze sammelt, deren Bedeutung besonders von Satzzeichen abhängt. Der bekannteste lautet: "Wir essen jetzt, Opa!" Und nun lassen Sie doch einfach mal das Komma weg ... dann retten Satzzeichen doch in der Tat Leben, oder? Also durchaus keine Kleinigkeit, so ein Satzzeichen, finde ich. Das geht übrigens nicht nur mir so. Die UCC, die United Church of Christ, eine unserer Partnerkirchen in Amerika, hat dazu eine ganz eigene Idee: "Never place a period where God has placed a comma - God is still speaking," Übersetzt bedeutet das: Setze nie einen Punkt, wo Gott ein Komma gesetzt hat - Gott spricht noch immer, God is still speaking, Gemeint ist: Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Gott hat uns noch eine ganze Menge zu sagen. Und es tut gut, uns daran zu erinnern und nicht zu glauben, wir wüssten schon alles, was es über uns und unsere Beziehung zu Gott zu sagen gibt. Wir neigen dazu, schnell einen Punkt setzen zu wollen. Jetzt haben wir es verstanden, so soll es sein, Punkt. Das ist menschlich, das gibt Halt. Aber dann passiert etwas, dann begegnet uns jemand, dann widerfährt uns etwas, das weit über diesen Punkt hinaus reicht. Und vorbei ist es mit dem Verstehen oder dem Verständnis. Jedoch: God is still speaking, Dieses kleine, unscheinbare Komma erinnert uns daran, dass es immer noch etwas gibt, was größer ist, als alles, was wir Menschen fühlen, denken, sagen und auf den Punkt bringen können. Und sich darauf einzulassen kann dem Leben einen ganz neuen Sinn geben. Ob dieses Komma Leben rettet? Wer weiß. Bereichern tut es unser Leben auf jeden Fall. Pfarrerin Maike Roeber, Trier

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