Glaube im Alltag
Seyed (der Name ist geändert) kommt aus Teheran. Vor zwei Jahren hat er damit begonnen, in der Bibel zu lesen.
"Ein Freund hat mich eingeladen, mitzukommen in den Gottesdienst." Der wird im Wohnzimmer der Familie gefeiert. Heimlich - denn die Kirche ist verboten. Vor ein paar Wochen bekam der Geheimdienst Wind von der Sache. Mitglieder der kleinen evangelischen Untergrundgemeinde wurden verhaftet. Da ist Seyed geflohen. Vor ein paar Wochen kam er nach Trier - in die Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge. Bereits kurz nach seiner Ankunft besuchte er den Gottesdienst unserer Gemeinde in der Konstantinbasilika. Danach sprach er mich an. Zum Glück auf Englisch. "Ich möchte endlich getauft werden", sagte er. Wir verabredeten uns zu einem Vorbereitungsgespräch. Dann nahm Seyed an einem Bibelkurs teil, den ich in unserer Gemeinde zur Vorbereitung auf die Taufe anbiete. Mit einem Übersetzer natürlich. Nach einigen Wochen feierten wir die Taufe - von Seyed und von sieben anderen Flüchtlingen aus dem Iran oder aus Afghanistan. Sie hatten ebenfalls an dem Taufkursus teilgenommen. Seyed ist kein Einzelfall. Immer wieder begegnen mir Menschen, die wegen ihres Glaubens aus ihrer Heimat fliehen mussten. In Iran, in Afghanistan werden Menschen mit dem Tod bedroht, wenn sie die Religion wechseln wollen. Die Taufe ist dann lebensgefährlich. In den Vorbereitungskursen staune ich immer wieder über die tiefe Ernsthaftigkeit, mit der sich Menschen mit einem ganz anderen religiösen und kulturellen Hintergrund auf die biblische Botschaft einlassen. Und die Gemeinschaft suchen - mit Jesus Christus und seiner Gemeinde. Ich meine: Die, die sich taufen lassen, sind eine Bereicherung für unsere Gemeinden. Und es ist gut - auch für uns - wenn sie Heimat finden in unseren Kirchen. Das Schicksal dieser Flüchtlinge macht zugleich deutlich: Es ist bitter notwendig, Religionsfreiheit konsequent einzufordern - überall auf dieser Welt. Pfarrer Guido Hepke, Evangelische Kirchengemeinde Trier