GLaube im Alltag

"Why do we crucify ourselves?" (Warum kreuzigen wir uns selbst?, Tori Amos, Crucify) Möglichkeiten, sich selbst zu kreuzigen: Zu Kreuze kriechen vorm Chef. Sich selbst kleinmachen, wenn man groß sein möchte, den Mund halten, wenn man eine eigene Meinung hat, sich noch mehr Arbeit aufhalsen, wenn eigentlich schon alles zu viel ist.

"Das macht mir nichts aus,"-Sagen, wenn es nicht stimmt. "Ja" sagen, wenn man "Nein" meint. Mehr essen, als guttut, weniger essen, als guttut ... Möglichkeiten, andere zu kreuzigen: "Ja, ja" sagen und "Leck mich am Arsch" meinen, mit Blicken töten, wegsehen, nicht helfen, nur reden ohne zu handeln, Versprechen brechen, Treue brechen, Herz brechen ... "I\'ve been looking for a savior in these dirty streets." (Ich sehne mich nach einem Retter in diesen dreckigen Straßen, ebenfalls aus Tori Amos\' Lied Crucify) Wer kann den Kreuzen in unserem Alltag ein Ende machen? Kann das einer? Jesus, auf den die Christen hoffen, hat es jedenfalls nicht getan. Ist selbst am Kreuz gelandet: Der menschgewordene Gott hat sich unschuldig hinrichten lassen. Hat damit immerhin Partei ergriffen für die Opfer, nicht für die Täter. Wenn heute einer gekreuzigt wird - wörtlich oder bildlich gesprochen - dann ist Gott auf seiner Seite. Trägt den Schmerz mit. Aber das ist kein Grund, das Leiden zu verherrlichen. Schließlich ist Jesus, so glauben die Christen, auch auferstanden. Das bedeutet: Gott will die Kreuze nicht. Er will das Leben. Er will, dass wir aufhören, einander zu verurteilen und festzunageln. Er lässt Gnade walten und will, dass wir das auch tun. Gnade mit uns selbst und mit anderen. In der Hoffnung darauf, dass das eines Tages gelingt, dass die Menschheit aufersteht in ein neues gnadenvolleres Leben, feiern Christen in ein paar Wochen Ostern. Es wird auch Zeit, denn "My heart ist sick of being in chains." (Mein Herz möchte nicht länger in Ketten liegen, ebenfalls Tori Amos, Crucify) Anna Peters, evangelische Pfarrerin

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