Glaube im Alltag

Meinung bios (bible) am Dom Seit letzter Woche wird vor dem Dom die Bibel neu geschrieben - noch bis zur Wallfahrt, Mitte April 2012. Das erledigt ein Roboter; statt in einer Fabrik Autobleche zusammenzuschweißen, schreibt die Maschine hier in Trier - eine Papierrolle für jedes Buch der Bibel. Und statt den Text neu zu erfinden, nimmt er den uralten Originaltext.

Bis vor ein paar hundert Jahren haben das Mönche in den Klöstern getan, auch hier in Trier: Die haben den heiligen Text Buchstabe für Buchstabe in einer möglichst schönen Schrift übertragen. Kalligrafisch abschreiben: Da macht der Roboter keine Fehler; da ist er sogar besser als die Mönche. Aber die haben in ihrer Schreibstube natürlich noch ein wenig mehr getan. Sie haben den Text meditiert, haben sich in die alten Geschichten vertieft. Von Adam und Eva an haben sie erlebt, wie die Schlange auch ihr eigenes Herz verführen will. Ihre Seele war dabei, wie Jesus zur Welt kommt und Wunder tut und von Gott erzählt. Sie haben ihm zugejubelt und am Kreuz um ihn getrauert ... Beim Abschreiben ist ihnen das Heilige Buch in Fleisch und Blut übergegangen. Abschreiben hilft meditieren - auch heute noch. "bios (bible)" heißt das Projekt am Dom. Der Name ist ein Teil der Botschaft. bios ist die Abkürzung für das englische "basic input output system": die grundlegende Software im Computer; nur vom bios aus kann die Maschine überhaupt starten. Für Christen ist die Bibel das bios - das erste grundlegende Programm; das weitere Leben und viele Entscheidungen bauen darauf auf - hoffentlich. Abschreiben kann das ein Roboter - leben müssen wir es selbst, auch weiterhin. Altfried G. Rempe ist Pastoralreferent in Trier

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