GLAUBE IM ALLTAG Ein Beispiel soll Schule machen
Das lassen wir besser! Da macht sowieso keiner mit, und die Zuschauer werden sicher alle lachen!“ Das war im Frühjahr 1988. Eine Gruppe von Jugendlichen der Pfarrei Wißmannsdorf hatte sich für die gemeinsame Feier der Kar- und Ostertage angemeldet.
Ich war der neue Jugendpfarrer und hatte vorgeschlagen, in die Liturgie des Gründonnerstags auch den Ritus der Fußwaschung aufzunehmen. Zugegeben, es brauchte etwas Überredungskunst, bis ich meine „zwölf Apostel“ – sechs Mädchen und sechs Jungen - zusammen hatte.
Die Sorge der jungen Leute war unbegründet. Diese symbolische Handlung hat ihren eigenen Ernst und ihre eigene Aussagekraft und der alte Ritus wurde sogar zum zentralen Element unserer Feier. Ich habe seit diesem Abend in jedem Jahr eine Fußwaschung am Gründonnerstag eingeplant. Und immer ist es die gleiche Erfahrung: Es bricht gleichsam die Zeit, und wir finden uns plötzlich im Abendmahlsaal wieder, wo Jesus zur Überraschung seiner Jünger den Sklavendienst übernimmt und ihnen den Straßenstaub von den Füßen wäscht. Verbunden mit der Mahnung: „Wenn ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen.“
Im letzten Jahr hat es keine Gründonnerstagsfeier gegeben. Sollte in diesem Jahr eine möglich sein, ist dieser alte Ritus wegen der Corona-Vorschriften nicht erlaubt. Aber was wir da vollziehen, ist nur ein Symbol. Es ist unser Markenzeichen als Christen, unser Alleinstellungsmerkmal, dass wir einander annehmen und füreinander da sind. Es fällt uns kein Zacken aus der Krone, wenn wir uns dabei auch für geringe Dienste nicht zu schade sind. Also: Waschen wir einander die Füße, gerade in diesen schwierigen Zeiten.