Glaube im Alltag

Meine Französischkenntnisse reichen leider nur für die Lektüre der Speisekarte. Mehr kriege ich nicht in den Kopf.

Aber für den Kauf des leckeren Rosé in einem kleinen Laden im letzten Frankreichurlaub sollte es reichen, denke ich. Mein Sprachproblem kennt der Weinhändler nicht, der mich während des Bezahlens freundlich fragt: "Avez-vous passé de bonnes vacances?" Ich verstehe nichts und denke: "Was er wohl gesagt hat? Hm, da war das Wort bon. Ach, der hat mich gefragt, ob ich einen Kassenbon will. Den brauche ich nicht. Meine Antwort ist eine striktes: "Non!". Sein betrübtes Gesicht wegen des ausgeschlagenen Kassenbons verwundert mich. Ich schaue ihn ratlos an. Liebevoll wiederholt er: "Avez-vous passé de bonnes vacances?" Ui, ich erkenne ein zweites Wort. Vacanaces. Gibt es auch im Englischen: Vacation - Urlaub. Und dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Er will wissen, ob ich einen schönen Urlaub habe. Und ich Trottel sage "Non!" Unwillkürlich fange ich lauthals an über mein Missgeschick zu lachen. "Yes" rufe ich. "It\'s great." "English - no", sagt er und: "Bonnes Vacances?" Ich nicke strahlend. Warum ich Ihnen das erzähle? Weil ich in solchen Momenten Pfingsten erlebe - mitten im Alltag. Zuhören. Sich um Verstehen bemühen - trotz aller Bar-rieren. Und dabei nicht die Leichtigkeit des Lebens vergessen. Auch nicht das herzhafte Lachen. In der Bibel wird ja nicht umsonst erzählt, dass an Pfingsten die Menschen in verschiedenen Sprachen miteinander redeten und sich verstanden. Und alle, die zuschauten, dachten, sie seien betrunken vom süßen Wein. Wenn gegenseitiges Verstehen über alle Grenzen hinweg einen nicht lachen lässt, dann weiß ich es auch nicht. Pfarrerin Vanessa Kluge, Ehrang, kluge.ehrang@ekkt.de

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