Glaube im alltag

Am Mittwoch ist Buß- und Bettag. Buße klingt ziemlich nach Mittelalter, ist aber immer aktuell.

Ich war im ersten Semester, Studium der evangelischen Theologie. Einmal fuhren wir mit unserem Professor zu einer Tagung; der Prof hatte mich, einen Mitstudenten und einen, ich glaube, japanischen Doktoranden im Auto mitgenommen. Nun war mein akademischer Lehrer wirklich ein zerstreuter Professor, vergaß schon mal die Kaffeekanne unter den tropfenden Filter zu stellen, und fuhr auch Auto wie einer, der sich der himmlischen Mächte unendlich sicher war. Auf der Autobahn monologisierte mein Professor die ganze Fahrt über, erklärte irgendwelche theologischen Fachbegriffe, die mir alle fremd waren und fragte zwischendurch immer den japanischen Doktoranden auf dem Beifahrersitz, der ein ausgesprochner Spezialist für den Kirchenvater Thomas von Aquin war: "Und, was sagt Thomas dazu, Katayama?" Dabei fuhr der Hochschullehrer beharrlich auf der linken Spur und kam ein ums andere Mal gefährlich nah an die Leitplanke, während er dem Japaner freundlich, aber bestimmt darlegte, dass dieser Thomas wohl nicht hinreichend verstanden habe. Wir auf der Rückbank waren beeindruckt, ob dieses großen Wissens, hatten aber noch mehr Sorgen um unser junges Leben. Irgendwann rauschten wir an der richtigen Ausfahrt vorbei, was aber zunächst niemandem auffiel. Als der Prof seine Irrfahrt bemerkte, zog er mit einem waghalsigen Manöver rechts rüber, nahm die nächste Ausfahrt und drehte um. Wir waren recht froh, wieder auf dem richtigen Weg zu sein und außerdem genossen wir die wenigen stillen Minuten, in denen der Prof verärgert über den Umweg sogar das Theologisieren vergaß. Dann sagte er: "Sehen Sie, meine Herren, und das ist Buße - was sagt Thomas dazu, Katayama?" Pfarrer Christoph Urban, Trier

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