Glaube im Alltag

Trierer Zeitzeugen erzählen: Als der Dachstuhl so richtig brannte, da begann die Orgel zu spielen - von ganz alleine. Ein Feuersturm fuhr durch die Orgelpfeifen hindurch und entfachte ein gespenstisches Konzert.

Mit einem Wehklagen ging das gewaltige Instrument in Flammen auf. Zurück blieben Trümmer und rauchgeschwärzte Mauern. 70 Jahre ist das her. Die Konstantinbasilika in Trier wurde bei einem Bombenangriff auf die Stadt zerstört. Nur die dicken Mauern des antiken Monumentes konnten den Flammen widerstehen. Die Fackel des Krieges, die Hitler-Deutschland in so viele Länder hineingetragen hatte, sie hatte am Ende auch das eigene Land in Brand gesetzt. Georg Cyrus, einer der damaligen Pfarrer, empfand die Zerstörung seiner Kirche als ein Gottesgericht - und auch als eine Erlösung. Denn die evangelische Kirche war damals tief in die Verbrechen des Nationalsozialismus verstrickt. Der Krieg ist lange vorbei - zum Glück. Die Konstantinbasilika konnte längst wieder aufgebaut werden. Schon seit 1956 ist das Monument wieder eine evangelische Kirche. Nur eine richtige Orgel, die fehlte bislang. Nach acht Jahren Planungs- und Bauzeit kann unsere Gemeinde an diesem Wochenende eine neue Hauptorgel einweihen. Endlich. Der Wiederaufbau unserer Kirche kann damit abgeschlossen werden - 70 Jahre nach dem Krieg. Ich freue mich über das neue Instrument. Es ist für mich ein Zeichen des Friedens. Mehr als 6000 Orgelpfeifen hat die neue Orgel. Jede Pfeife hat einen eigenen, einen ganz besonderen Klang. Und das ist gut so. Die verschiedenen Orgelpfeifen, sie stehen nicht in Konkurrenz zueinander. Sie ergänzen einander. Im Zusammenspiel entstehen wunderbare Klangwelten. Wenn Menschen in eine Gruppe ihre eigene Individualität einbringen - und zugleich das Zusammenspiel mit anderen ausprobieren, dann wächst Gemeinschaft. Dann ist Frieden. Auf den Zusammenklang kommt es an. Auch in unserer Gesellschaft. Pfarrer Guido Hepke Evangelische Kirchengemeinde Trier

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