GLAUBE IM ALLTAG Glauben Sie das?

Ich weiß ja, dass meine Kräfte nachlassen und ich bald sterben muss.“ Das sagte eines unserer ältesten Pfarreimitglieder, als ich sie besuchte, um mit der weit über 90-jährigen Frau die Hauskommunion zu feiern.

„Ich spüre es schon länger, aber ich hänge doch noch so sehr an meiner Familie“, sagte sie.

An der Wand hingen Fotos von ihrem verstorbenen Mann, ihren Kindern, Enkelkindern und mittlerweile sogar von fünf Urenkeln. Und von jedem wusste sie zu erzählen. Wer gerade seine Ausbildung beendet hatte, wer unter Liebeskummer litt… Ja, man merkte, wie sehr sie sich ihren Liebsten verbunden fühlt und auf ihre Art an ihrem Leben Anteil nahm. „Sie werden sie sicher einmal wiedersehen!“, sagte ich ihr. Und sie fragte mich: „Glauben Sie das wirklich, Herr Meyer?“

Ich musste erst mal tief durchatmen. Diese Frau, die in ihrem langen Leben nicht nur Freudiges, sondern auch Krisen und Tragisches erfahren und durchstanden hatte, die in den letzten Kriegstagen ihre kleine Tochter zu Grabe tragen musste. Diese Frau, die am Abend ihres Lebens angelangt ist, fragt jetzt, da es für sie ernst ist und drauf ankommt, nach meinem persönlichen Glauben, sucht jemanden, auf dessen Glauben sie sich angesichts eigener Zweifel und Ängste stützen kann. „Ja, ich glaube das, von ganzem Herzen!“

So einen Satz bringe ich nur über die Lippen, weil auch ich Menschen habe, auf deren Glauben ich mich stützen darf, wenn es bei mir eng wird. Dieser Osterglaube wächst in einer Gemeinschaft, die diesen Glauben miteinander feiert. Einer Gemeinschaft, die diesen Glauben den trauernden Angehörigen gegenüber durch ihre tätige Unterstützung und ihr Gebet bekennt, wenn diese ihren lieben Verstorbenen verabschieden müssen. Dass Gottes Liebe zu seinem Sohn stärker gewesen ist als der Tod, das feiern wir in der Osternacht und an jedem Sonntag. Selbst das tiefste Dunkel ist nun lichtdurchflutet. Wir finden uns nicht ab mit der Dunkelheit dieser Welt, sondern zünden Hoffnungslichter an. Wir erwarten am Ende nicht Trauer, Tränen oder schwarze Leere, sondern helles freudiges Osterlachen.

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