GLAUBE IM ALLTAG Lehrreiche Grammatik?!

Unsere deutsche Sprache kennt eine besondere Zeitform, die es uns ermöglicht, etwas zu beschreiben, was sich erst in der Zukunft ereignet haben wird: das „Futur II“ oder die „vollendete Zukunft“.

 Dyrck Meyer Glaube im Alltag

Dyrck Meyer Glaube im Alltag

Foto: tv/Dyrck Meyer

Auch wenn man - wie ich selbst - kein ausgesprochener Grammatik-Liebhaber ist, kann sich hieraus eine spannende Perspektive entwickeln, weil ich in gewisser Distanz zu dem, was ich aktuell erlebe, sozusagen gedanklich bereits in die Zukunft springe und alles vom möglichen Ende her betrachte und danach frage: Wozu wird das heute Erlebte und Beschlossene später einmal geführt haben?

Bischof Georg Bätzing, der neue Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, hat ein solches Gedankenexperiment mit Blick auf die derzeitige Corona-Krise angestellt. Werden wir aus dieser Krise etwas gelernt haben für unsere zukünftige Lebensgestaltung, für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt, für die Bedürfnisse von Alten und Jungen, Gesunden und Kranken? Werden wir die Investitionen in die Zukunft so getätigt haben, dass wir im Kampf gegen den Klimawandel oder für eine gerechtere Weltwirtschaft wichtige Etappenziele erreichen können? Wird der Glaube und die Kirche bei all dem als relevant erlebt worden sein?

Etwas vom möglichen und vielleicht sogar wünschenswerten Ende her zu betrachten, kann helfen, Handlungsspielräume zu erkennen und die richtigen und weichenstellenden Entscheidungen zu treffen, die hoffentlich zum gewünschten Ziel führen. Wir gehen dann zwar immer noch in eine ungewisse Zukunft, aber wir tun es weniger blind. So verstanden ist auch unser Glaube keine blinde Vertröstung in eine jenseitige Zukunft, sondern er ermöglicht offene Augen und beherztes, entschlossenes Handeln hier und jetzt. Im Großen wie im Kleinen liegt zwar nicht alles, aber auch nicht weniges in unserer eigenen Hand, was einmal geworden sein wird.

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