Ignoranz statt Toleranz

Erinnern Sie sich an unsere allerzweite jemals geschriebene Kolumne? Für die paar Leute, die sie nicht kennen: Das war das Eifeler Toleranzedikt, der weise Satz vom seligen Schmitz Erich zum Thema „unterschiedliche Vorlieben“: dass der eine gern in die Frühmesse gehe und der andere eben lieber Blutwurst, also Blootwoosch esse.

Erheblich weiter verbreitet als Toleranz ist allerdings, gestehen wir es kühmend ein, ein anderer menschlicher Zug: die Ignoranz. Wobei all jene zu beneiden sind, die damit wunderbar - und vor allem: bar jeden Selbstzweifels -, durchmarschieren, was immer auch die anderen denken mögen. Mark Twain (Hausgott) hat das besser gesagt: All you need in this life is ignorance and confidence, and then success is sure. Also: Alles, was du in diesem Leben brauchst, sind Ignoranz (oder: Unwissen) und Selbstvertrauen, dann ist dir der Erfolg gewiss. Mit anderen Worten: Wer sich vom begründeten Selbstzweifel oder dem Wissen um eigene Unfähigkeit bremsen lässt, aus dem wird nichts. Wie schön, für den Betreffenden jedenfalls, ist doch dagegen die Ignoranz - das fröhliche "mirdochejaaaal", mit dem so mancher alles niederwalzt und, nur den eigenen Erfolg im Sinn, es dann auch wirklich schafft, und sei er noch so blöd. Ich wette, Sie kennen auch so jemanden. Na? Auch diesen Umstand hat der Eifeler schon längst in einen weisen Satz gegossen. Der, seinem pragmatischen Charakter gemäß, eben nur ein wenig abgespeckter rüberkommt als bei unseren verehrten Weltautoren oder Philosophen, nicht ganz so ausgefeilt, wenn auch deshalb umso direkter. Und in dem ein wenig Neid mitklingt, mit dem man auf einen solchen Menschen blickt - weil er, genau, der Ignoranz sei Dank, von keinem Hader sich kujoniert fühlt. Nämlich: "Du haset jut. Du bis' dumm." Et jit net jerannt.

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