Karriere-Berater: Wo sind beim Meeting die wahren Experten?

Eines Tages war Zeus, der oberste griechische Gott, gnädiger als sonst: Er ließ Tantalos, seinen Sohn, an der Tafel der Götter speisen. Und was tat dieser? Er stahl Nektar und Ambrosia. Er verriet die Geheimnisse der Götter den Menschen.

 TV-Kolumnist Martin Wehrle.

TV-Kolumnist Martin Wehrle.

Foto: privat

Vielleicht ist das der Grund, warum die Chefs bei den Sitzungen unter sich bleiben wollen. Hunden (sofern sie nicht dem Chef gehören) und Mitarbeitern (sofern sie nicht den Kaffee servieren) ist der Zutritt verboten. Der geballte Sachverstand bleibt also vor der Tür.

Oder haben Sie je gehört, dass die Manager eines Einzelhandels-Konzern einen einfachen Verkäufer an ihren Konferenztisch gebeten hätten, um zu hören: "Was wollen die Kunden zur Zeit?" Haben Sie je gehört, dass die Manager einer Spedition einen Lkw-Fahrer in ihre Sitzung gerufen hätten, um ihn vor der Anschaffung eines neuen Fuhrparks zu fragen: "Welche Lkws haben sich bewährt?"

Und auch im Frankfurter Turm der Deutschen Bank saß wohl keine einfache Schalter-Angestellte einer Kleinstadt-Filiale am Sitzungstisch, als man vor einigen Jahren auf die kühne Idee kam, einen Teil der Privatkunden in ein hauseigenes Arme-Leute-Institut ("Deutsche Bank 24") abzuschieben - erst die Reaktion der Öffentlichkeit machte die weltfremden Manager auf ihren Fehler aufmerksam und ließ sie ihn Jahre später korrigieren.

Die Ausgrenzung der Belegschaft ist eine zweifache Dummheit. Nicht nur, weil man die Quellen des Sachverstands im eigenen Haus erst gar nicht anzapft. Auch weil Mitarbeiter auf Entscheidungen, die sie nicht beeinflussen konnten, wie auf nicht bestellte Postpakete zu reagieren pflegen: mit Annahmeverweigerung. Und was bringen Beschlüsse, wenn sie nicht mit ganzem Herzen umgesetzt werden? Diskussionsstoff fürs nächste Meeting!

Unser Kolumnist Martin Wehrle (geboren 1970) gehört zu den erfolgreichsten Karriereberatern in Deutschland. Sein aktuelles Buch: "Bin ich hier der Depp?: Wie Sie dem Arbeitswahn nicht länger zur Verfügung stehen", Mosaik, 14,99 Euro.

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