Kolumne Grenzgänger Unsicherheit bei Krankenkasse

Grenzgänger, die bei der Barmer Krankenkasse versichert sind, haben ein Problem: Die Barmer wendet seit ein paar Monaten die EU-Richtlinie 883/04 strenger an. Grundsätzlich könne man rückwirkend bis 2011 zurückgehen, wende aber das Europarecht entgegenkommenderweise erst seit diesem Jahr an.

Hierbei passieren natürlich auch Fehler.

Kinder und Ehegatten von Grenzgängern, die bislang familienversichert waren, müssen sich selbst versichern, auch wenn sie nur geringe Einkünfte haben. Hierzu zählen auch Jugendliche, die beispielsweise Einkünfte aus Trainertätigkeiten erzielen. Auch Kapitaleinkünfte sollen hierzu zählen. Die bisher geltenden nationalen Höchstverdienstgrenzen für Familienversicherte will die Barmer nämlich nicht mehr auf Angehörige von Grenzgängern anwenden. Von anderen Krankenkassen ist dieses Prozedere noch nicht bekannt.

Es herrscht allgemeine Panik bei Grenzgängern, ob nun alle Krankenkassen so vorgehen. Die luxemburgische gesetzliche Krankenkasse CNS verzeichnet schon über tausend Anrufe von besorgten Grenzgängern. Es sei falsch, dass die Barmer behaupte, die CNS hätte einen Vertrag gekündigt, so die Auskunft der CNS.

Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob dieses Vorgehen überhaupt rechtmäßig ist. Krankenkassen neigen gerne dazu, ihre Kassen zu füllen und einfach einmal die Rechtmäßigkeit ihrer Interpretation zu behaupten. Erfahrungsgemäß gibt es Krankenkassen, die dies dann auch bis zur letzten Instanz durchfechten, um eine Präzedenzentscheidung eines höchsten Gerichtes zu erzielen.

Europarechtlich scheint dieses Vorgehen jedoch nicht eindeutig zu sein, da die Barmer hier als einzige Krankenkasse vorprescht. Denn nach Sinn und Zweck des Europarechts darf es keine Schlechterstellung gegenüber nationalen Sachverhalten geben. Angehörige von Grenzgängern würden jedoch schlechter gestellt, wenn die bislang geltenden Freigrenzen nun auf einmal nicht mehr gelten.

Stephan Wonnebauer, Vorstandsmitglied des Deutschen Anwaltvereins Luxemburg. Bei Fragen zum deutsch-luxemburgischen Recht können sich Grenzgänger unter kontakt@dav.lu an den Verein wenden.

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