Die Woche im Blick Bürokratiefalle Arztpraxis

Den meisten Ärzten geht es finanziell gut. Das ist Fakt und das wollen auch Kritiker des Gesundheitssystems wie Dr. Walter Gradel gar nicht bestreiten. Wer sich mit dem Chef der Bezirksärztekammer unserer Region über seine Arbeit unterhält, der merkt, dass Gradel leidenschaftlicher Arzt ist.

Er macht seinen Beruf gerne, und er weiß, dass sich viel geändert hat.

Mit dem Blick zurück zeigt er sogar etwas Verständnis für manche Regulierungsmaßnahme in Zeiten der sogenannten Ärzteschwemme. Vor 20 oder 30 Jahren ging es oft darum, überhaupt einen Arztsitz zu erhalten, es gab einen stärkeren Wettbewerb um Patienten – vielleicht, das sagt manch anderer Arzt hinter verschlossener Tür, sei dieser sogar in Ausnahmefällen übertrieben worden. Da gab es die nicht dringend notwendige Massage als Extra, da wurden die Patientenwünsche noch schneller erfüllt.

Doch wie sieht es heute aus? Gradel gibt offen zu, dass sich finanziell einiges verbessert habe für die niedergelassenen Ärzte. Und doch seien immer weniger junge Menschen bereit, die Verantwortung für eine eigene Praxis zu übernehmen. Gradel klagt, dass die ausufernde Bürokratie ein Hemmnis sei. Drohende Regresse, wenn Ärzte zu viele Arzneimittel oder Therapien verschreiben, ärgern ihn. Ebenso wie die Forderung nach mehr Sprechstunden der Ärzte, die Gesundheitsminister Jens Spahn vorantreibt. Und der Ärztechef im Bezirk hat Recht: Die gute Idee, für Patienten schneller Termine beim Arzt zu ermöglichen, kann schnell zu einem neuen Verwaltungsirrsinn führen. Schon jetzt sind etwa die 2016 eingeführten Terminservicestellen mehr Kostentreiber als Hilfe. Und wenn es zu wenige Ärzte gibt, hilft eine staatlich verordnete Zuteilung ebenfalls nicht mehr.

Gradel hat beim Neujahrsempfang der Ärztekammer einen gemeinsamen Zulassungsverzicht aller Ärzte angesprochen. Dies war nicht mehr als ein Hilferuf. Dem Ärztechef ist klar, dass es dafür keine Mehrheit gibt. Daher gibt es keinen Grund, über die möglichen Folgen zu lange nachzudenken. Was aber Thema sein muss: Wie können wieder mehr Ärzte für die Arbeit in der Praxis gewonnen werden? Hier sind Bund, Land und Kassenärztliche Vereinigungen gefordert. Etwa, wenn es um neue Ideen und Formen der Zusammenarbeit geht, wie sie nach langem Ringen die Ärztegenossenschaft Medicus in der Eifel umsetzen kann. Mehr Studienplätze für Mediziner sind ebenfalls wichtig, auch wenn sich dies erst Jahre später auswirken wird. Es gibt nun einmal den Wunsch nach mehr Teilzeitarbeit, bei Männern und Frauen  – der Arzt und die Ärztin, die 80 Stunden die Woche arbeiten, die nur die Praxis im Kopf haben, sind ein Auslaufmodell.

Das müssen aber auch die wenigen Regelungen sein, die den Ärzten in den Praxen jetzt noch vorschreiben, dass sie nur für eine bestimmte Zahl von Patienten das volle Honorar erhalten. Das wird übrigens nicht viel Geld kosten, es wird aber die Ärzte zufriedener machen. Und da gibt es keinen Unterschied zwischen Medizinern und Patienten: Wer zufrieden und gesund ist, hat mehr Spaß und Erfolg im Beruf.

Ärzte in Trier gesucht
Foto: TV/Friedemann Vetter

t.roth@volksfreund.de

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