Alle Achtung!

Was für ein geschickter Schachzug. Sozialministerin Malu Dreyer, konsensfähigste Politikerin der rot-grünen Landesregierung, wird neue Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz. Der bisher als Kronprinz gehandelte Innenminister Roger Lewentz soll künftig die Partei führen. Damit hat Kurt Beck jetzt die Konsequenzen aus einem bisher streng gehüteten Gesundheitsproblem gezogen und wieder einmal alle mit seinem strategischen Talent überrascht.

Er selbst tritt ganz zurück, Sympathieträgerin Malu Dreyer ins Rampenlicht, der zu sehr in die Nürburgring-Pleite verstrickte Lewentz einen Schritt nach hinten und bekleidet doch das innerparteilich wichtigste Amt.

Die Trierer Abgeordnete Dreyer, ebenso durchsetzungsfähig wie verbindlich, hat nicht nur hohe Zustimmungswerte in der Bevölkerung, sondern genießt auch die Achtung der Opposition. Und genau deshalb ist sie deren unbequemster Gegner.

Das Spiel beginnt von vorn. Die forsche Oppositionsführerin Julia Klöckner wird sich im Umgang mit der Regierung völlig umorientieren müssen. Zuletzt war es ihr ein Leichtes, sich als junge, dynamische Frau gegen einen angeschlagenen und amtsmüden Ministerpräsidenten zu positionieren und die Umfragewerte für die CDU kräftig nach oben zu schrauben.

Jetzt begegnen sich zwei führungsstarke Frauen völlig unterschiedlichsten Typs. Gelassen gegen spontan, feine Strippenzieherin gegen ungestüme Vorwärtsmarschiererin. Eine spannende Konstellation.

Beide haben über Rheinland-Pfalz hinaus Gewicht. Klöckner amtiert demnächst als CDU-Bundes-Vize, Dreyer koordiniert schon lange die SPD-geführten Länder im Arbeits- und Sozialbereich und ist ausgezeichnet vernetzt.
Malu Dreyer leidet an Multipler Sklerose. Eine Krankheit, die sie selbst weder verheimlicht, noch wie eine Monstranz vor sich her trägt. Sie leistet ein enormes Arbeitspensum. Da sie sich die neue Aufgabe zutraut, ist ihre gesundheitliche Verfassung kein Thema für öffentliche Spekulationen. i.funk@volksfreund.de

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