Altmaiers Friedensfahne

Längst ist die energiepolitische Schlacht zum Stellungskrieg geworden. Viel Pulver, kein Geländegewinn, Hin und Her der immer gleichen Argumente.

Kompromisslos, emotional, aufgewühlt geht es zu. Da ist die Litanei vom Preistreiber Grünstrom, als sei die Atomenergie unter Einrechnung sauberer Endlagerung und der Aufräumarbeiten nach einem Unfall billiger. Als würden Kohle, Gas und Öl nicht immer teurer. Das ganze Klagen gegen die erneuerbaren Energien, auch des FDP-Wirtschaftsministers, ignoriert ihre Erfolgsgeschichte und übersieht die positiven technologischen, ökologischen und sozialen Effekte ihrer rasanten Entwicklung. Altmaier redet und denkt da wohltuend anders.
Aber auch die Litanei von der Behinderung einer vernünftigen Energiewende durch geldgierige Konzerne und durch die Ausnahmeregelungen für stromintensive Betriebe nervt. Als bräuchte Deutschland seine Wirtschaft nicht, als könnten alle vom Rollmöpserollen leben oder vom Topflappenhäkeln. Das ganze Pochen der Ökobranche auf anhaltend hohe, nach Möglichkeit noch steigende Subventionen und eine noch schnellere Energiewende ignoriert die Grenzen der Leistungsfähigkeit sowohl der Haushalte und Betriebe, die das irgendwie bezahlen müssen, als auch, ganz profan, die Grenzen der Stromnetze.
Warum soll es falsch sein, vom Ökostrom bald Marktfähigkeit zu verlangen?
Peter Altmaier läuft mit seinem guten, sogar weisen Verfahrensvorschlag für eine grundlegende Reform durch dieses heiße Kriegsgebiet wie ein Mann mit regenbogenfarbener Friedensfahne und Friedenstaube. Ein naiver Träumer? Ganz sicher wird es Altmaiers alle Probleme zur wohligen Zufriedenheit aller lösendes neues Erneuerbare-Energien-Gesetz vor der Bundestagswahl nicht geben. Schlimmer noch: Nun kommt zu den Scharmützeln der Interessengruppen noch das Feuern der großkalibrigen Wahlkampfgeschütze hinzu.
Aber Altmaier ist kein Träumer. Er legt mit seinem Vorschlag in Wahrheit ein weiteres großes Thema in jene Schublade, die nach der Wahl dringend aufgemacht werden muss. In der schon das Schweizer Steuerabkommen, die Endlagersuche, die gerechtere Besteuerung der Reichen, die Korrektur von Wildwuchs am Arbeitsmarkt, die Bekämpfung der Altersarmut, die Vorratsdatenspeicherung, die Reform des Bildungsföderalismus, der Länderfinanzsausgleich und die Ost-Förderung liegen. Kurzum, die Zukunft Deutschlands. Es ist die Schublade jener unerledigten Aufgaben, die Schwarz-Gelb hinterlässt. Die wohl nur eine große Koalition lösen kann, also ohne FDP und Grüne. Für eine solche Konstellation hat sich der Umweltminister mit seinem gestrigen Friedensangebot nachhaltig empfohlen.

nachrichten.red@volksfreund.de

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