Arm, sexy und auch noch zu doof

Verkehrsminister Peter Ramsauer hat vor wenigen Wochen ziemlich hochnäsig gemeint, der Münchner Flughafen sei seinerzeit pünktlich und im Kostenrahmen hochgezogen worden. Da könne man mal sehen.

Freilich brauchte der Franz-Josef-Strauß-Airport tatsächlich 25 Jahre, bis er fertig war, und kostete am Ende das Dreifache des ursprünglich Angenommenen. Es war also keineswegs besser als bei dem nach Willy Brandt benannten Hauptstadt-Großprojekt.
Politiker aller Couleur und Regionen sollten sich vor allzu großer Häme hüten. Fast jeder hat sein eigenes, kleines Kostenexplosionsprojekt, ob es Hamburger Oper, Stuttgart 21 oder Nürburgring heißt. Der Bauherr Staat, das ist allen gemeinsam, hat die Sache organisatorisch nicht im Griff, denkt zu groß für ein zu kleines Verantwortungsgefühl und wird zudem von den Baufirmen ausgepresst wie eine Zitrone über einem zu trockenen Schnitzel. Murks können sie alle, parteiübergreifend.
Am Berliner Großflughafen hat außer den Ländern Berlin und Brandenburg auch die Bundesregierung als Mitfinanzier und Miteigentümer mitgewirkt, indirekt auch der Bundestag als deren Kontrolleur. In den 90er Jahren hat ein CDU-Bundesverkehrsminister auf dem hauptstadtnahen Standort Schönefeld bestanden, gegen alle fachlichen Bedenken, und so die tiefere Ursache der jetzigen Krise gelegt. Und der CSU-Nachfolger Ramsauer, dessen Ministerium heute im Aufsichtsrat sitzt, hat die Sache auch nicht retten können.
Trotzdem, wenn der Begriff Verantwortung in Wirtschaft und Politik überhaupt noch einen Sinn machen und nicht nur hohe Gehälter begründen soll, dann muss sie nach nunmehr vier Verschiebungen und den dadurch verursachten Mehrkosten in Milliardenhöhe jemand persönlich übernehmen. Nach Lage der Dinge sind das der Flughafenchef Rainer Schwarz, der nun wohl tatsächlich gehen muss, und Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD).
Bei Schwarz ist die Entlassung sachlich geboten: Kein Firmenchef kann so viel Geld seiner Gesellschafter in den Sand setzen, ohne dass das Konsequenzen hat. Bei Wowereit wäre der Grund für einen Rücktritt ein politischer. Er hat es mit seiner (Nach-)Lässigkeit zugelassen, dass nun die ganze Region lächerlich gemacht worden ist.
Arm, sexy und auch noch zu doof, um eine Halle zu bauen. Es reicht. Dass er nun eilig den Aufsichtsratsvorsitz wie eine heiße Kartoffel an seinen Brandenburger Kollegen Matthias Platzeck weitergibt, ist allzu billig und allzu tricky.
nachrichten.red@volksfreund.de

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