Auf verlorenem Posten

Am Anfang war die Sache sonnenklar. Die Bundeswehr in Afghanistan sollte das geschundene Land von Terroristen säubern und den Bewohnern Frieden, Demokratie und Freiheit bringen.

Neun Jahre und 45 tote deutsche Soldaten später ist keines dieser hehren Ziele erreicht.

Nun hat der Bundestag die Truppenpräsenz am Hindukusch um ein weiteres Jahr verlängert. Doch im Grunde genommen ist der entsprechende Regierungsantrag so etwas wie ein Eingeständnis, dass der Gedanke, aus Afghanistan ein Land nach westlichem Muster formen zu können, genauso falsch war wie die militärische Strategie, die diesem Irrtum zugrundelag.

Zum ersten Mal ist von einer Abzugsperspektive die Rede, ohne dass sich in Afghanistan nachhaltig etwas Entscheidendes zum Guten gewandelt hätte. Das neue Mandat soll dann auch in erster Linie die Heimatfront beruhigen.

Alles dreht sich um ein irgendwie gesichtswahrendes Ende der Mission. So bescheiden sind die großen Pläne von einst geworden.

Eine wachsende Mehrheit der Deutschen wünscht sich, dass die Bundeswehr besser heute als morgen aus Afghanistan abzieht. Der gestern verlängerte Einsatzbefehl ist ein Spagat zwischen eben dieser Stimmung und dem militärischen Spielraum, einen Abzug nicht wie eine kopflose Flucht erscheinen zu lassen. Sein Schlüsselsatz lautet: Die Regierung sei "zuversichtlich", die Truppenpräsenz von Ende 2011 an reduzieren zu können, soweit es die Lage erlaube.

Den ersten Teil dieser Feststellung betont der Bundesaußenminister, den zweiten der Verteidigungsminister, was einer Verwirrung unnötig Vorschub leistet. Doch das müssen Westerwelle und Guttenberg unter sich ausmachen.

Tatsache ist, dass die Bundesregierung hier nur ein Rädchen im Getriebe der internationalen Afghanistan-Politik ist. Die USA tragen mit weitem Abstand die Hauptlast dieses Krieges. Präsident Obama hat den beginnenden Abzug der US-Truppen vor wenigen Tagen klipp und klar auf den kommenden Juli datiert. Ohne jeden Nebensatz.

Wer trotzdem so tut, als habe der Marschbefehl aus Washington keinen Einfluss auf die Abzugsplanung der Bundeswehr, der steht auf verlorenem Posten. Glaubt man den Beteuerungen Westerwelles, dann wird Afghanistan 2014 so weit sein, dass es seine Sicherheit in die eigene Hand nehmen kann. Spätestens dann soll es dort auch keine Kampfverbände der Bundeswehr mehr geben. Warum in den nächsten drei Jahren gelingen soll, was in den vergangenen neun Jahren schiefging, bleibt allerdings sein Geheimnis.

Zufall oder nicht - kurz nach der Abstimmung im Bundestag wurde ein neuer Anschlag in Kabul mit zahlreichen Toten gemeldet. Von Zuversicht zu sprechen ist da fast zynisch.

nachrichten.red@volksfreund.de

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