Aufgeschoben ist nicht aufgehoben

Um es mit dem kultigen italienischen Fußballtrainer Giovanni Trapattoni zu sagen: Kurt Beck hat noch nicht fertig. Der Ministerpräsident will und wird wohl mindestens noch bis nach den Kommunalwahlen 2014 im Amt bleiben.

Jedenfalls kann kein Zweifel daran bestehen, dass der 63-Jährige im November beim SPD-Landesparteitag mit großer Mehrheit für zwei Jahre als Vorsitzender wiedergewählt und damit indirekt als Regierungschef bestätigt wird.
Wer auch immer durch Indiskretionen die Nachfolgedebatte entfacht und damit einen kleinen Brand in der SPD gelegt hat - er hat sich offensichtlich verzockt. Beck selbst hat noch kein einziges Mal davon gesprochen, dass er vorzeitig abdankt. Seine Ankündigung zur erneuten Kandidatur als SPD-Landeschef unterstreicht nun, dass er sich nicht aufs Abstellgleis schieben lässt. Er löscht damit auch das Feuer in seiner Partei, ehe es sich zu einem Flächenbrand ausweiten kann.
In der Bevölkerung ist der Pfälzer nach einem Zwischentief wieder beliebt wie eh und je, wie jüngste Umfragen beweisen. Kein anderer Landespolitiker kann mit ihm mithalten. CDU-Chefin Julia Klöckner fällt ebenso ab wie die beiden SPD-Kronprinzen Roger Lewentz und Hendrik Hering.
Die Entscheidung über Becks Nachfolge ist allerdings nur aufgeschoben, nicht aufgehoben. Eines Tages wird Kurt Beck, seit 1994 der omnipräsente Politiker in Rheinland-Pfalz, sich von der Macht verabschieden müssen. Treiben lässt er sich dabei keinesfalls, sondern er allein bestimmt den Zeitpunkt. Diesen Warnschuss an alle, die mit den Hufen scharren und meinten, die Dinge steuern zu können, hat Kurt Beck nun deutlich sichtbar abgegeben.
Der erneute Hinweis auf seine Gesundheit signalisiert, dass sich Deutschlands dienstältester Ministerpräsident sehr wohl im Klaren darüber ist, irgendwann den Staffelstab übergeben zu müssen. Offenbar hält er aber das erstmalige rot-grüne Regierungsprojekt im Land jetzt noch nicht für gefestigt genug, um über die Wahlperiode bis 2016 hinaus anzudauern. Und er weiß, wie sehr seine aussichtsreichsten Nachfolgekandidaten derzeit noch zu kämpfen haben - Roger Lewentz vor allem mit dem Problem Nürburgring, Hendrik Hering insbesondere mit der Tatsache, dass ihn trotz langjähriger Zeit als Minister ein Drittel der Rheinland-Pfälzer nicht kennt.
Kurt Beck kann nun das tun, was ihm am meisten behagt: die Dinge in aller Seelenruhe und ohne Druck auf den Weg bringen. Die zwischenzeitlich aufgeregte Diskussion ist bereits abgeflaut und wird nach dem SPD-Parteitag gänzlich verstummen.
f.giarra@volksfreund.de

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