Ausnahme mit Verfallsdatum

Es war ein schöner Schachzug, dass vor fünf Jahren die rheinland-pfälzischen Politiker bei einem heftig umstrittenen Thema wie dem Qualmen in Gaststätten oder Restaurants zu einer pragmatischen Lösung fähig waren: Das hiesige Gesetz schützt die Nichtraucher, ohne die Raucher zu diskriminieren. Den Elch-Test hat das Nichtraucherschutzgesetz in Rheinland-Pfalz längst bestanden: Ein Großteil der Gastronomiebesucher und auch -betreiber hat sich mit der Regelung arrangiert.

Rechtlich steht das Gesetz auch auf sicheren Beinen: Der Verfassungsgerichtshof des Landes hat mehrere Beschwerden von Rauchern und Nichtrauchern abgewiesen. Von daher macht es auch Sinn, dass der neue sozialdemokratische Gesundheitsminister Alexander Schweitzer keinen Grund sieht, an dem Nichtraucherschutzgesetz etwas zu ändern und womöglich den restriktiven Vorgaben in anderen Bundesländern zu folgen. Ob das Gesetz allerdings auch seinen zehnten Geburtstag erleben wird, ist mehr als fraglich - trotz der politischen Zufriedenheit in Rheinland-Pfalz. Denn die Angriffe auf die wunderbar pragmatische Regelung werden zunehmen. Wie die aktuellen Äußerungen des regionalen Gesundheitspapstes Professor Bernd Krönig zeigen, wird die Nichtraucherlobby in ihren verbalen Attacken erst nachlassen, wenn der letzten rheinland-pfälzischen Raucherkneipe der Garaus gemacht wurde. Doch die eigentliche Gefahr droht dem Gesetz von der EU. Erst vor anderthalb Monaten haben sich die EU-Staaten auf weitere Regeln zur Eindämmung des Rauchens geeinigt. Vorgesehen sind danach Schockfotos auf Zigarettenpackungen und ein sukzessives Verbot von Zusatzstoffen. Der Weg zu einem rauchfreien Europa sei aber noch sehr weit, hat unlängst EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg gesagt und damit das Ziel der Brüsseler Politik und Bürokratie klar formuliert. Deutlich wird durch solche Äußerungen auch, dass sich die EU mit pragmatischen Lösungen wie in Rheinland-Pfalz nicht zufriedengeben wird. Über kurz oder lang wird daher den Mitgliedsstaaten vorgeschrieben werden, wie Nichtraucherschutz in der Gastronomie auszusehen hat: keine abgetrennten Raucherbereiche mehr in Restaurants, keine Raucherkneipen mehr und auch keine Ausnahmen bei Karneval, Kirmes oder anderen Festen.Dann können sich die rheinland-pfälzischen Raucher einzig noch darüber freuen, dass sie ein paar Jährchen länger als ihre Leidensgenossen in Nordrhein-Westfalen oder dem Saarland in ausgesuchten Kneipen qualmen durften. r.seydewitz@volksfreund.de

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