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Zum Herbstgipfel der Staats- und Regierungschefs der EU ist es alles andere als langweilig im europäischen Haus. Der französische Präsident Emmanuel Macron ist in die Rolle des Antreibers geschlüpft.

Er ist in seiner Sturm- und Drang-Phase und brennt ein Feuerwerk der Reformideen nach dem anderen über der Gemeinschaft ab. Wenn es nach ihm ginge, müssen radikale Änderungen her. Er redet einer "Neubegründung" der EU das Wort. In Brüssel geht ihm alles zu langsam. Die EU liefere zu wenig, sie ist ihm zu wenig effizient. Sein Einsatz für Europa hat für eine Aufbruchsstimmung gesorgt, die dem Gemeinschaftsprojekt guttut.
Macrons Impulse kommen auch zur richtigen Zeit: Angesichts der offensichtlich durch und durch negativen Zukunftsaussichten für den EU-Aussteiger Großbritannien ist das Gefühl im Rest des Clubs gestiegen, dass die Herausforderungen der Globalisierungen besser gemeinsam und untergehakt zu meistern sind. Macron hat Ehrgeiz und Visionen für die Zukunft der EU. Doch damit eckt er auch an. Vor allem in Osteuropa. Die Länder, die nicht im Euro sind, befürchten, abgehängt zu werden, wenn etwa seine Vorstellungen zu einer Vertiefung der Währungsunion umgesetzt würden. Zudem zeigt sich nicht zuletzt an den Wahlen in Deutschland und Österreich, dass der Rechtspopulismus keineswegs entzaubert ist. Das Verlagern von Kompetenzen aus den Hauptstädten wird nicht nur in Warschau und Budapest, sondern auch in Wien und anderswo auf erbitterten Widerstand stoßen. Es ist ganz offensichtlich, dass der Reformeifer des jungen französischen Präsidenten nicht nur in Polen, Tschechien und Ungarn als etwas zu ungestüm und zu unkoordiniert begriffen wird.
Der deutschen Bundeskanzlerin liegt ein realpolitischer Ansatz näher. Sie gab etwa dem Gastgeber des Brüsseler Gipfels, EU-Ratspräsident Donald Tusk, den Auftrag, denkbare und machbare Schritte zu identifizieren und in einen Kalender einzutragen. Tusk, der in der EU-Familie die Rolle des Mediators hat, hat sich vor dem Gipfel in den Hauptstädten umgehört. Er begreift es als seinen Auftrag, Macron einzubremsen. Dies ist etwa daran zu erkennen, dass er die EU der 27 darauf einschwört, sich darauf zu konzentrieren, "praktische Lösungen" zu finden für "echte Probleme".

nachrichten.red@volksfreund.de

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