Kommentar: Über die Preise für Benzin und Diesel Sprit-Abzocke: Die Mineralölkonzerne testen in Trier den höchsten Preis

Trier · Die wohl bisher einmalige Achterbahnfahrt bei den Preisen für Benzin und Diesel in Trier sorgt für Ärger. Warum sie Beleg für eine fast grenzenlose Preispolitik der Konzerne ist.

 Lange Schlangen an einer Tankstelle am letzten Tag der Steuersenkung auf den Spritpreis.

Lange Schlangen an einer Tankstelle am letzten Tag der Steuersenkung auf den Spritpreis.

Foto: dpa/Christoph Reichwein

Trier sicherte sich am Sonntag und Montag den Spitzenplatz: In keiner deutschen Großstadt war der Sprit teurer. Am Montagvormittag kostete etwa Diesel fast durchgehend in der Stadt 2,99 Euro, in der Nacht war sogar die Drei-Euro-Marke geknackt worden. Eine wahnwitzige Preisentwicklung: Und dies auch mit Blick auf die Tankstellen nicht nur in Luxemburg oder Frankreich, sondern ebenso in der restlichen Region Trier. Fast einen Euro günstiger gab es etwa Sprit an einer freien Tankstelle in Wittlich.

Mittlerweile gibt es schon gar keine Erklärungsversuche der großen Konzerne mehr. Auskünfte wurden etwa von Aral abgelehnt, mit dem Hinweis auf das Kartellrecht (!). Und wer sich an die Erläuterungen erinnert, warum es in Trier teurer als in anderen Städten ist, kann darüber höchstens zynisch lächeln. Was haben wir nicht alles schon gehört? Der Transport sei schwierig wegen niedriger Pegelstände, in Trier gebe es etwas weniger Wettbewerb weil Freie fehlten und Vieles mehr. Wer die Preise der vergangenen Tage beobachtet hat, kann aber nur zu einem Ergebnis kommen: In Trier testen die Konzerne, wie weit sie gehen können, um den letzten Cent Gewinn zu machen. Nebenbei: Dass damit die Bewegung zu anderen Antriebsarten, etwa dem E-Auto, und auch der Anreiz, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen, mittelfristig beschleunigt wird, ist den Konzernen wohl entgangen. Wahrscheinlich ist ihnen das aber schlichtweg egal, weil es auf den schnellen Gewinn ankommt und der gesichert ist.

Zur Erklärung: Die Preise an den Tankstellen legen die Konzerne fest, die Pächter können nur Hinweise und Wünsche dazu weiter geben. Es ist anzunehmen, dass sie das gestern gemacht haben: Die Diskussion um die Drei-Euro-Grenze war in den sozialen Netzwerken, aber auch etwa auf unserem Internetportal großes Thema und sorgte für viele Reaktionen. Aus welchem Grund auch immer: der Preis stürzte um mehr als 80 Cent nach unten. Da sich so schnell Markt und Anlieferungen nicht geändert haben, zeigt dies nur, welch exorbitant hohe Gewinnspanne da getestet wurde. Und es ist auffällig, wie die Preise sich fast parallel nach oben und unten entwickelten. Klar ist: Ob damit der höchstmögliche Gewinn möglich war, ist durchaus unsicher. Schließlich gab es die Chance, anderswo, nicht nur in Luxemburg, deutlich günstiger zu tanken. Das Bedauerliche an dem Tank-Oligopol der Konzerne: Sie streichen den Gewinn an allen Orten ein und können nahezu frei ihre Preise testen.

Aber Moment, da gibt es doch das Bundeskartellamt. Doch: Wer auf dessen Hilfe hofft, ist wohl grenzenloser Optimist. Das Amt hat gerade erste Ergebnisse der “Untersuchung der Raffinerie- und Großhandelsebene“ für Herbst angekündigt. Die Verschärfung des Kartellrechts bleibt weiter im Vagen – dabei könnten die Kartellwächter bei uns vor Ort an einem Tag entdecken, wie das Oligopol der Konzerne versucht, seine Macht durchzusetzen. Nur fehlt es ihnen an Macht und Personal und der Politik am Plan, wie sie dies ermöglichen könnte.

Vorerst bleibt uns daher nur eine Hilfe: Wann immer es geht, Preise vergleichen, die teuersten Tankstellen meiden, versuchen, sparsam zu fahren oder Fahrten zu vermeiden – wobei das vielen zugegeben schlicht nicht möglich ist. Und auch immer wieder auf das Problem aufmerksam machen. Die teure Mobilität ist nicht nur ein Stimmungs- und Kaufkraftfresser, sondern schadet ebenso der schon angeschlagenen Wirtschaft. Derzeit profitieren nur die Mineralölkonzerne – und nebenbei über die Steuern übrigens auch der Staat. Das gehört ebenso zur Wahrheit – und dies zu erwähnen ist kein Populismus.

t.roth@volksfreund.de

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