Bettina Wulff: Kampf um die Ehre

Berlin · Nach Gerüchten über ihr Vorleben geht Bettina Wulff, die Frau des früheren Bundespräsidenten, in die Offensive. Sie erwirkte Unterlassungserklärungen und klagte gegen Fernsehmoderator Günther Jauch und den Suchmaschinen-Konzern Google. Ein Kommentar unseres Berliner Korrespondenten zum Thema.

Sie ist nicht die Einzige. Es gibt viele Politikernamen, hinter denen Google beim Eintippen per automatischer Vervollständigung zum Beispiel "schwul" eingibt oder "Liebesaffäre". Bei Facebook mobben sich die Schüler manchmal gegenseitig in den Selbstmord.

Das Gerücht im Internet ist ein schleichendes Gift in unserer Gesellschaft. Google und Co. erklären, sie seien nur der technische Übermittlungsweg und hätten mit den üblen Behauptungen nichts zu tun. Die etablierten Medien lassen sich von diesem Mechanismus schon anstecken. Günther Jauch erklärte auch , dass er selbst Bettina Wulff ja gar nicht in Zusammenhang mit Prostitution gebracht habe, sondern nur eine Zeitung zitiert habe, die wiederum berichtet hatte, dass es ein solches Gerücht gebe. Wenn es so geht, wie Jauch und diese Zeitung meinen, dann braucht man bald keine professionellen Redaktionen mehr. Dann mag jeder ungeprüft verbreiten, was er will.

Bettina Wulff ist mutiger als andere, weil sie um ihre Ehre kämpft. Wohl wissend, dass nun erst recht alle das Gerücht kennen. Bei Zeitungen und Fernsehen kann man die Verantwortlichen schnell namhaft machen. Schwerer ist es, einen Damm im Internet einzuziehen.

Aber das Netz darf kein Freiraum sein, in dem man Menschen straflos fertigmachen kann. Hier dürfen die Firmen sich nicht einfach auf einen technischen Mechanismus zurückziehen. Denn auch der ist von Menschen gemacht; mit ihm wird viel Geld verdient. Und er ist durch die eingebaute Vervielfältigung so schlimm wie das Gerücht selbst. Dann muss Google eben "händisch" eingreifen, muss Suchempfehlungen entfernen.

Bettina Wulffs Klage gegen den Internet-Riesen ist Erfolg zu wünschen, weil ihr andere folgen werden, die jetzt noch hilflos schweigen.

Ein anderer Aspekt sind die Motive derjenigen, die solche Gerüchte streuen. Muss ein Präsident zurücktreten wegen des Vorlebens seiner Gattin? Das ist von vorgestern.

Dieser Präsident trat im Übrigen zurück wegen politisch-moralischer Fragwürdigkeiten in seinem eigenen Leben. Und selbst wenn es gestimmt hätte, wäre es verwerflich gewesen, wenn eine junge Frau in einem solchen Gewerbe gearbeitet hätte? Ist es verwerflich, was anderen vorgeworfen wird, dass sie schwul sind oder eine Gebliebte haben? Warum reagieren die User nicht mit "na und?" und klicken weiter? Weil diese Gesellschaft nach außen tolerant tut - hui - und nach innen noch immer pfui sagt! Wie bigott ist das alles!

nachrichten.red@volksfreund.de

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