Bildung als Ressource erkennen

Viele Bildungsexperten fordern seit Jahren das längere gemeinsame Lernen und den Verzicht auf das Selektieren nach der vierten Klasse.

Rheinland-Pfalz beschreitet diesen Weg mit den neuen Realschulen plus - aber nur ein bisschen. Denn es gibt auch in der neuen Schulart nicht nur das integrative Lernen, sondern ebenso eine kooperative Variante, womit das traditionelle Aussortieren der Schüler fortgesetzt wird. Und obwohl das Land die ungeliebten Hauptschulen abschafft, bleibt der Hauptschulabschluss (Berufsreife) bestehen. Das ist wenig konsequent.

Kritiker werfen der Landesregierung den eher pragmatischen Politikstil, den sie zum Beispiel auch bei der Kommunal- und Verwaltungsreform verfolgt, vor. Allerdings haben die alleinregierenden Sozialdemokraten mit ihrem Motto "Konsens statt Konfrontation" einen Aufschrei der Beteiligten, wie er in anderen Bundesländern bei diesem schwierigen Thema zu verzeichnen war, vermieden.

Der Teufel steckt bei der Schulreform im Detail. Wenn im Rahmen des integrativen Ansatzes auf einzelne Schüler mehr eingegangen werden soll und schwächere gefördert werden sollen, brauchen die Schulen mehr Personal. Mit halbherzigen Zuweisungen von Lehrerstunden oder dem Einsatz von Vertretungskräften ist es deshalb nicht getan.

Und dass Lehrkräfte innerhalb eines Kollegiums unterschiedlich bezahlt und damit soziale Ungleichgewichte zementiert werden, wirkt einer sozialen Integration an den Schulen entgegen.

Prinzipiell zeigt sich an den Schulen das gleiche Dilemma wie an den Kindertagesstätten oder an den Universitäten: Die Ansprüche werden hochgeschraubt, aber es wird nicht genug Geld in die Hand genommen, um sie zu erfüllen. Gern wird als Entschuldigung auf die Wirtschaftskrise und die Finanzmisere von Bund, Ländern und Kommunen verwiesen. Dieses Argument zieht aber nicht. Wer erkannt hat, dass Bildung die einzige Ressource in dieser Republik ist, der muss Prioritäten setzen und umsteuern. Immerhin ist Geld da, um beispielsweise den Flughafen Hahn oder den Nürburgring mit Steuermillionen zu subventionieren.

f.giarra@volksfreund.de

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