Bitterer Beigeschmack

FDP-Chef Guido Westerwelle darf über das Rekordergebnis von Wiesbaden jubeln, zu viel einbilden sollte er sich darauf nicht. Weder ist das ein Beweis für die Sehnsucht der Bürger nach einer Rückkehr (neo-)liberaler Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, noch für ein besonderes Vertrauen in die Regierungskraft der Landes-FDP.

 Werner Kolhoff.

Werner Kolhoff.

Foto: Iris Maurer

Die hatte ja mit ihrem Nein zu einer Ampelkoalition in Wiesbaden ebenfalls zu den hessischen Verhältnissen beigetragen. Die Liberalen haben vielmehr genauso wie die Grünen von dem Absturz der SPD profitiert. Und von dem Misstrauen der hessischen Bevölkerung in Roland Koch.

Das sind die beiden klaren Wahlverlierer dieses Tages. Der Unterschied: Auf der einen Seite zieht Andrea Ypsilanti mit ihrem Rückzug die notwendigen Konsequenzen aus dem Desaster, das sie im letzten Jahr angerichtet hat. Freilich nicht nur sie, fast die ganze hessische SPD stand machtbesoffen hinter dem Versuch eines Wortbruchs.

Auf der anderen Seite aber bleibt Roland Koch dank der FDP im Amt, obwohl er zwei Mal hintereinander die hessische CDU unter 40 Prozent gedrückt hat. Die neue schwarz-gelbe Koalition in Wiesbaden sollte dieses Zufallsergebnis deshalb nicht überschätzen. Jedenfalls ist es kein Freifahrschein, um jetzt im Bund zum Beispiel das Konjunkturpaket der Bundesregierung zu blockieren und populistische Forderungen nach schnellen Steuersenkungen auf Pump zu erheben. Das Ergebnis hat einen weiteren bitteren Beigeschmack: Ein neuer Rekord der Politikverweigerung ist zu vermelden. Aber wer könnte es den Hessen nach den zurückliegenden Querelen verdenken, dass sie in so großer Zahl nicht zur Wahl gingen? Die Parteien sollten darüber nachdenken, was sie da alle miteinander in diesem Land ein Jahr lang angestellt haben.

nachrichten.red@volksfreund.de

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