Bizarre Diskussion

Die koalitionsinterne Diskussion über das Betreuungsgeld nimmt bizarre Züge an. Familienministerin Kristina Schröder hat sich jetzt mit einem verblüffenden Vorstoß zu Wort gemeldet, um die Kita-Fernhalteprämie politisch salonfähig zu machen: Nur wenn die Eltern die vorgeschriebenen kinderärztlichen Untersuchungen für ihre Sprösslinge wahrnehmen, soll das Geld fließen.

Auf die Administrierung dieser Schnapsidee darf man gespannt sein. Vielleicht gründet Frau Schröder eigens eine gemeinsame Behörde aus Sozialarbeitern und Ärztevertretern, um die Bürokratie auf die Spitze zu treiben. Die Eltern werden sich jedenfalls schön bedanken, wenn sie allesamt unter Generalverdacht gestellt werden, als Betreuungsgeld-Anwärter ihr Kind zu vernachlässigen. Auf der anderen Seite zeugt Schröders wundersamer Vorstoß von der Einsicht, dass an dem Argument doch etwas dran sein könnte, wonach vor allem Kinder aus schwierigen Verhältnissen keine Kita von Innen sehen, ihre Eltern durch das Betreuungsgeld also einem "falschen Anreiz" unterliegen. Dergleichen hatte man von der zuständigen Ministerin so noch nicht gehört.
Die Konsequenz kann freilich nicht in vermeintlich kreativen Gedanken zur Rechtfertigung des Betreuungsgeldes bestehen. Die Konsequenz kann nur lauten, das Betreuungsgeld erst gar nicht einzuführen. Ein "Kulturbanause" bekommt schließlich auch keine materielle Vergünstigung vom Staat, nur weil ihm der Besuch von Theatern und Museen suspekt ist. Die Kanzlerin ist gefordert, dem politischen Treiben beim Betreuungsgeld Einhalt zu gebieten. Was die CSU als "Herzensanliegen" versteht, würde alle familienpolitischen Beschlüsse der letzten Jahre auf den Kopf stellen.
nachrichten.red@volksfreund.de

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