Blamage für Polen

Warum das Schauspiel um die Wiederwahl von Tusk am Ende gut für die EU sein kann.

 Markus Grabitz

Markus Grabitz

Foto: Redaktion

Die polnische Regierung hat sich mit ihrem Vorgehen bei der Wahl des EU-Ratspräsidenten am meisten selbst geschadet. Da nicht einmal der ewige EU-Querulant, Ungarns Viktor Orbán, bereit war, den seltsamen Kurs mitzufahren, stand sie am Ende ganz allein da.
Im Kreis ihrer 28 Kollegen ist die polnische Regierungschefin Beata Szydlo nun einmal mehr entlarvt als eine Marionette des bizarren Chefs der nationalkonservativen polnischen Regierungspartei PIS, Jaroslaw Kaczynski. Der wollte seinen Landsmann Donald Tusk verhindern, weil er ihn für den Drahtzieher des Flugzeugabsturzes von Smolensk hält, bei dem sein geliebter Zwillingsbruder 2010 ums Leben kam. Eine absurde Verschwörungstheorie.
Polen wird es über den lächerlichen Streit um Tusk schon nicht zum Bruch mit den anderen 26 Mitgliedstaaten in der Europäischen Union kommen lassen. Das liegt schon deswegen nahe, weil die Polen ihre Drohung nicht wahr machten, den Brüsseler Gipfel Hals über Kopf zu verlassen. Sie wissen wohl, dass sie irgendwann wieder von dem Baum herunterkommen müssen, auf den sie geklettert sind.
Wer weiß, womöglich hat der seltsame Warschauer Alleingang sogar etwas Gutes - und der Ungar Orbán entdeckt auch bei anderen Themen wieder Gemeinsamkeiten mit anderen EU-Staaten.
Das wäre gut: In nächster Zeit gilt es, durchzubuchstabieren, wo die Europäische Union in zehn Jahren stehen will. Da wäre es schädlich, wenn sich mit den vier Visegrad-Staaten Polen, Ungarn, Tschechien und der Slowakei ein rebellischer Block verfestigen würde.

nachrichten.red@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort