Bloß kein Niedersachsen-Effekt

Wer in diesen Tagen mit Spitzenvertretern der Union über die letzten drei Wahlkampfwochen spricht, hört früher oder später die Wendung: "Nicht wie in Niedersachsen!" Dort errang im Januar Rot-Grün quasi in letzter Minute einen knappen Sieg. Schwarz-Gelb flog aus der Landesregierung trotz ähnlich hoher Sympathie-Werte für den CDU-Ministerpräsidenten David McAllister wie sie im Bund derzeit Angela Merkel hat.

Ein Effekt spielte eine Rolle, der sich auch jetzt wiederholen könnte: Die Unionswähler waren schlecht mobilisiert. Und dann gaben viele von ihnen auch noch der FDP ihre Zweitstimme, weil die in den Umfragen an der Fünf-Prozent-Hürde hing und das schwarz-gelbe Projekt daran zu scheitern drohte. Die Union tolerierte das wohlwollend. Bloß: Am Ende hatten die Liberalen plötzlich 9,9 Prozent auf dem Konto, ihr höchstes je erzieltes Ergebnis im Land, während die Union auf 36 Prozent absackte. Und zusammen reichte es nicht mehr.
Die aktuellen Umfragen im Bund gleichen der damaligen Lage in Niedersachsen aufs Haar. Union bei 40, 41 Prozent, die FDP bei fünf, sechs. Anders als in dem Nordland ist bundesweit zwar eine eigene rot-grüne Mehrheit absolut nicht in Sicht. Aber Merkel könnte trotzdem in die Verlegenheit kommen, sich einen neuen Koalitionspartner suchen zu müssen. Zumal auch noch die euro-kritische Alternative für Deutschland am schwarz-gelben Wählerpolster nagt.
Nach den Analysen, die gegenwärtig dazu in der CDU-Spitze vorgenommen werden, hängt viel vom Ausgang der Landtagswahl in Bayern eine Woche vor der Bundestagswahl ab. Wenn dort die FDP aus dem Landtag fliegt, könnte es bundesweit einen ähnlichen Effekt für die Liberalen geben wie seinerzeit in Hannover, wird befürchtet. Zumal auf Unionsseite die Mobilisierung erst recht sinken würde, weil die CSU in München dann wahrscheinlich auch die absolute Mehrheit erreicht. Überhangmandate, die der Union früher geholfen haben, nützen diesmal nichts. Sie müssen nach neuem Wahlrecht durch Ausgleichsmandate kompensiert werden.
Eine Punktlandung wäre es aus Sicht der Unionsführung, wenn die FDP im Bund bei sieben oder acht Prozent abschneiden würde. Problem: Man kann das nicht steuern. Zumal Absprachen zwischen den Partnern nicht funktionieren. FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle hat bereits eine Zweitstimmenkampagne angekündigt, zielt dabei aber angeblich auf die noch Unentschlossenen. Allerdings kann er kaum vermeiden, dass sich auch CDU-Wähler von dem Slogan "Zweitstimme FDP" angesprochen fühlen.
nachrichten.red@volksfreund.de

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