Das allzu schnelle Comeback

Wenig beachtet von der Öffentlichkeit hat die FDP an diesem Wochenende in Berlin einen bemerkenswerten Parteitag durchgeführt. Jedenfalls gemessen daran, dass sie vor zwei Jahren aus dem Bundestag geflogen ist.

Sie präsentierte sich geschlossen und selbstbewusst. Zwei Erfolge in den kleinen Bundesländern Bremen und Hamburg können das nicht erklären. Die Partei hätte in der außerparlamentarischen Opposition auch auseinanderfliegen oder sektiererisch werden können. Dass es nicht so gekommen ist, ist der Disziplin des verbliebenen Restes zu verdanken, allen voran des Vorsitzenden Christian Lindner.
Freilich, das Wahldesaster vom September 2013 ist nicht aufgearbeitet worden, und darin liegen die Risiken für die Zukunft. Ein Grund für den Niedergang war zum Beispiel der Personenkult. Er ist schon wieder da. So wie die Partei vor acht Jahren Westerwelle zujubelten, vor vier Jahren Rösler, ist es jetzt Lindner. Das Zampano-Prinzip ist aber ein gesellschaftlich überkommenes und auch der liberalen Idee widersprechendes Führungsmodell. Auch bei Lindner ist eine gewisse Gefallsucht, die schnell in Eitelkeit und dann Abgehobenheit umschlagen kann, schon unübersehbar. Das Zweite: Auch inhaltlich ist das Ausscheiden aus dem Bundestag nicht reflektiert worden. Leistung, Marktwirtschaft, Chancen, Fortschritt - all das sind Prinzipien, die derzeit bitter fehlen im Parlament. Dort gibt es, mit Ausnahme des Wirtschaftsflügels der Union, nur Umverteiler und Staatsgläubige. Nicht, dass man die FDP-Positionen richtig finden muss. Doch in einer ausgesprochen erfolgreichen Leistungsgesellschaft wie Deutschland haben sie ihren Platz im Parlament. Die AfD ist viel zu unseriös und unmodern, um die FDP ersetzen zu können.
Doch Fakt ist auch, dass die FDP ihren eigenen Leitideen in ihrer bisherigen Regierungspraxis nicht immer gefolgt ist. Man nehme nur die leistungs- und wettbewerbsfeindliche Klientelpolitik für Hoteliers, Ärzte und Apotheker. Oder das fortschrittsfeindliche Festhalten an der Atomkraft. Die Bekämpfung der Energiewende. Oder das Nein zur Frauenquote. In vielen Bereichen ist der Mittelstand im Denken und Handeln weiter als seine selbst ernannte politische Interessenvertretung. Diese kritische Aufarbeitung fehlt in der neuen FDP und damit auch die Gewissheit, dass sich die früheren Fehler nicht wiederholen werden.
Braucht Deutschland die FDP? Oh ja. Aber keine, die nur schnell wieder so weitermachen will wie vordem. Sondern eine, die die Pause als Katharsis begreift, als innere Läuterung, und sich personell, inhaltlich, aber auch stilistisch erneuert. Anfänge sind gemacht worden in Berlin. Zweifel bleiben.
nachrichten.red@volksfreund.de

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