Das Desaster als Chance

Es ist noch nicht lange her, da galt das Streben nach maximaler Rendite auch regierungsoffiziell als große Tugend. Die Zauberwörter hießen Deregulierung, weniger Staat und mehr Markt. Der Crash auf dem internationalen Finanzsektor hat nun für ein erstaunliches Umdenken gesorgt.Selbst die FDP, bislang ein Hort gegen alle staatliche Bevormundung, drängt auf mehr Transparenz und Kontrolle im Bankenwesen.

Selten waren sich alle Parteien darüber so einig wie in der gestrigen Debatte des Bundestages. Doch das ändert nichts an den aktuellen Problemen. Zunächst einmal geht es um ein wirksames Krisenmanagement. Peer Steinbrück sucht die Bürger zwar mit dem Hinweis zu trösten, dass in den USA viel mehr Geld verbrannt wurde als hier zu Lande. Deshalb mag er auch keinen eigenen Rettungsfonds auflegen. Aber finanzpolitische Feuerwehreinsätze wie schon bei der IKB-Bank sind auch künftig nicht auszuschließen. Denn die Alternative wären noch größere Turbulenzen, die das gesamte Finanzsystem zum Einsturz bringen könnten. Insofern ist der deutsche Steuerzahler längst nicht auf der sicheren Seite.

In der Krise steckt allerdings auch eine große Chance. Gerade weil der Staat ein unverhofftes Comeback feiert, wird es der Neoliberalismus künftig deutlich schwerer haben. Die Ideologie, dass jede Regel nur das Wachstum hemme und der Wirtschaft Fesseln anlege, überzeugt nicht mehr. Die unkontrollierte Finanzwelt hat die Kontrolle über sich selbst verloren und zieht alles mit sich in den Strudel. Allein das verunsichert und macht Angst.

Im Augenblick kann Oskar Lafontaine politisch am meisten davon profitieren. Wenn die großen Volkparteien ihren Sinneswandel mit Leben erfüllen, wird die soziale Markwirtschaft Gewinner sein.

nachrichten.red@volksfreund.de

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